Der erste Eindruck, der erste Blick – und die Liebe
Zu den am häufigsten zitierten psychologischen Falschaussagen zählt die, man könne in den ersten Sekunden einer Begegnung entscheiden, ob ein Mensch sich als Partner eignet.
Man muss weit in die Geschichte der Säugetiere zurückgehen, um zu begreifen, wozu der „erste Eindruck“ dient: nämlich dazu, ob ich vor dem „anderen Säugetier“ weglaufen muss oder mich ihm vorsichtig nähern kann. Was sich daraus erhalten hat, ist dies: Jemand, von dem ich einen negativen „ersten Eindruck“ habe, kommt für mich als Partner zunächst einmal gar nicht infrage. Der Umkehrschluss ist der bereits erwähnte psychologische Blödsinn: Jemand, den ich nicht ablehne, sondern „in meinen Kreis“ hineinlasse, deswegen noch kein Lebenspartner. Selbst wenn alle Glocken im Hirn klingeln, ist damit noch gar nichts gewonnen – dieser potenzielle Partner entspricht lediglich einem Bild, das ich im Kopf gespeichert habe: Mh, lecker Mädchen (oder Kerlchen) – da sollte man mal dran naschen. Den Rest muss ich Ihnen, falls sie öfter mal Affären hatten, nicht erklären: Kaum jemand heiratet die Objekte seiner wildromantischen Begierden.
Die Liebe auf den ersten Blick? Sie gibt´s und auch nicht. Unser Hirn hat die gloriose Eigenschaft, kaum über ein Zeitgefühl zu verfügen – schon gar nicht für die Vergangenheit. Wie lang also die Zeit vom ersten Blick bis zur Wahrnehmung der Liebe war, ist im Nachhinein gar nicht mehr zu ermessen. Fragen Sie sich doch einmal, wie oft sie verliebt auf den ersten Blick waren und wie viel davon schnell verpufft ist. Warum ich das Thema aufgreife? Oh, es kam gerade auf der Herzklopfenseite.