Tante ZDF spielt Dating-Kindergarten
Irgendwie sieht man überall die Kindergartentante durchschimmern: Da fahren 10 „Mädels“ in einem schaukligen Oldtimerbus von Köln nach Schwerin – und erst auf dem ersten Parkplatz dürfen die Damen dann sehen, welche Männer das ZDF für sie ausgewählt hat. Angeblich konnten sich die Damen bei der Fahrt bereits „ausführlich kennenlernen“ – bei dem verwendeten Bus werden sie wahrscheinlich eher kennengelernt haben, wie weit sich ihr Hintern noch strapazieren lässt. Da man vor allem lange fährt, heißt die Sendung wohl auch „Wo die Liebe hinfährt“. Es ist eine Art „Gräfin gesucht“ im Weichspülformat – oder ein „Bauer sucht Frau“ – allerdings ohne „schräge Typen“.
Der ZDF-Kindergarten geht in genau diesem Stil weiter: Die Männer, alles brave Kerlchen, die im Gutmenschenstil Kinder erziehen, Politik machen und Bürgersteige reinigen, dürfen auch schon mal Frauenfotos angucken. Wir erfahren, dass die Bravmänner in Wahrheit konkurrieren und „ihre Unsicherheit mit lockeren Sprüchen überspielen. Soi jedenfalls der begleitende Therapeut Ivo Ludwig , der sich im Fernsehen deutlich besser machte als die merkwürdig blass herüberkommende Flirttrainerin Nina Deißler. Ihr Auswahlverfahren, nachdem sie die Partner aussuchen, ist ungefähr so logisch und psychologisch begründet, wie die Entscheidung, welche Pennäler in der Schule nebeneinander sitzen dürfen – da fragt man sich, warum das ZDF die beiden Experten überhaupt mitnahm.
Frauen aus Köln und Männer aus Schwerin – das ZDF spielt ein bisschen „East meets West“, als ob so etwas sinnvoll wäre – Männer gibt es auch daheim in Köln in Hülle und Fülle, Frauen allerdings in Weimar nicht. Das mag ja alles noch hingehen – aber wenn die Männer auf des Schlosses Zinnen stehen, während die Damen aus dem Panoramafenster des albernen Oldtimerbusses nach oben glotzen, dann ist die Grenze der Lächerlichkeit bei mir erreicht. Duften die Damen wenigstens vorher die Näschen pudern?
Indessen kann man dies Landschulheimgetue noch übertreffen: Wenn potenzielle Partner Schiffchen fahren müssen, um einander kennenzulernen, mag noch hingehen und entspannend sein, aber ob Trabbi-Fahren die richtige Kennenlernmethode ist, sei dahingestellt. Weitere Peinlichkeiten: Ein offenbar provoziertes Gespräch über Sexstellungen und ein Bad in einem See, bei dem sich eine der Damen im Kleid im Wasser wagte – warum sie es nicht auszog, bleibt ein ewiges Rätsel der Regie. Wahrscheinlich hielt die eine tropfnasse Frau im Nachmittagskleid für lustig. Wer weiß, vielleicht lesen wie es morgen in BILD.
Fragt sich, was eigentlich herauskommen kann, wenn blasse Allerweltsmänner (Ost) dabei gefilmt werden, wie sie mit anderen ebenso blassen Allerweltsfrauen (West) zusammenkommen – außer langweiligem Fernsehen.
Die Kriterin der Morgepost war ähnlicher Meinung.