Romeo und Julia – vielleicht doch keine romantische Liebe?
Deutsche wachsen mit Romantik auf. Selbst die „bösen“ Stellen populärer Märchen enthalten einen Schuss Romantik: Das Rotkäppchen lässt sich von den Blumen betören, der Jäger gibt in einem Anfall von romantischen Gefühlen das Schneewittchen frei, das er eigentlich töten sollte. Am Ende kommt die Prinzessin trotz aller Unbill aber immer zum Königssohn in die Heia.
Nun ja, Märchen … aber gab es nicht die großen Romanzen?
Das berühmteste Liebespaar dieser Erde hört auf die Namen Julia und Romeo. Eine romantische Liebe, eine menschliche Tragödie, in der die Feindschaft zweier Familien auf dem Rücken zweier Liebender ausgetragen wird – so haben wir es in der Schule gelernt.
Der Regisseur Paul Stebbings sieht es anders: das Stück sei keine klassische Tragödie, ja nicht eine traditionelle Romanze“, sagte er der Presse. Die „klassische Romantik“, von der normalerweise Theaterkritiker sprechen, sei in Wahrheit „jugendlicher Leichtsinn“ und auch die Sätze, die aus Julias Mund kämen, seien eben nur eine romantische Verklärung einer 14-Jährigen, die über ihre eigenen Sätze kichere.
Übrigens wird sich niemals jemand wirklich rühmen können, den Originaltext von Shakespeare zu spielen: er existiert möglicherweise gar nicht.
Ob es sich überhaupt um eine große Liebe handelt? Eher um eine große Leidenschaft – und um ein Stück, dass die Welt auch deswegen bewegt, weil sich die Liebe eben nicht auf Erden erfüllt, sondern erst im Tod.