Wie viele Menschen liebst du denn?
Kein Psychoseminar über Beziehungen, in dem nicht wenigstens einmal diese Frage gestellt wird: „Nenne bitte alle Menschen, die du liebst“. Allein diese Frage böte Stoff für etliche Satiren. Nimmt man sich selbst aus, so riskiert man, fehlendes Selbstbewusstsein attestiert zu bekommen, stellt man sich hingegen an erste Stelle, so wird Selbstsucht vermutet. In gleicher Weise verfahren die Damen und Herren Psychologen dann mit der Erwähnung von Ehefrauen, Geliebten, Betthäschen, Eltern und Geschwister: Wo sie auch hinstellen, immer könnte es ein Anzeichen für „Mangelnde …“ oder „Überzogene …“ sein.
Warum ich das alles schreibe? Weil ich auf eine Bloggerin gestoßen bin, die uns irgendwie mit der Nase auf die Pampe, Pardon, die Polyamorie stoßén will.
Doch wie war eigentlich die Frage? Nun, hier ist sie: „Kann man mehr als einen Menschen lieben?“
Nicht nur Spötter fragen nun wahrscheinlich: „In welchem Zeitraum?“ – und schon kommen wir ein typisches Antwortdilemma: Ehrlich ist es Ersten am Schwersten – und zweitens: Wann haben Sie da draußen eigentlich zuletzt zwei oder mehr Personen zugleich oder in kurzem Abstand körperlich geliebt? Doch da käme schon WIKIPEDIA, um die Ecke, die geschwätzige Online-Enzyklopädie, und würde uns belehren: „Die angestrebten Beziehungen sind langfristig und vertrauensvoll angelegt und schließen normalerweise (aber nicht notwendigerweise) Verliebtheit, Zärtlichkeit und Sexualität mit ein“.
Ja – und da muss ich dann leider passen, liebe Bloggerin – ich habe nämlich gegenwärtig nicht mehrere parallele Beziehungen, die „langfristig und vertrauensvoll angelegt sind und Sexualität mit einbeziehen“ – und die Leute, die ich jemals kennenlernte, hatten zwar manchmal mehrere Beziehungen, aber dann waren sie nicht „langfristig angelegt“, sondern für die schnelle Lustbefriedigung zwischendurch gedacht.
So muss ich denn wohl sagen, was ich wirklich denke: Sind wir – und auch die Bloggerin – da nicht auf ein akademisches Scheingefecht hereingefallen? Menschen haben immer mal wieder Schwierigkeiten damit, bei einer sexuellen Beziehung zur Zeit zu bleiben – aber sie machen daraus keine Ideologien, sondern fechten die Konflikte mit sich selbst aus. Das halte ich nicht nur für korrekt, sondern werte es auch als Anzeichen dafür, dass man als Erwachsener für seine Handlungen Verantwortung übernimmt. Das mit der Polyamourerei halte ich hingegen für den Versuch, die Verantwortung für sich selbst und andere an eine neue Ideologie zu delegieren.
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