Tacheles: falsche Propheten und was wirklich gut für Sie ist
Wichtigtuerische Propheten umsäumen allzeit unseren Lebensweg: Sie wollen mal aus Sendungsbewusstsein, mal aus Selbstsucht und mal aus Geldgier verraten, was gut für uns ist. Vom Flirttipp für das Jüngelchen per SMS bis hin zur Partnerwahl für die reifere Generation: Überall stehen diese lästigen Figuren herum und flüstern uns an: „Siehe, ich weiß, was gut für dich ist, mein Freund, du kannst es ja gar nicht wissen“.
Manche haben dunkle Anzüge, andere Heiligenscheine. Manche spielen Väterchen und manche Mütterlein. Sie kommen als Professoren, Prediger oder Bücherschreiber – aber alle haben eine Gemeinsamkeit: Sie wissen alle besser, was gut für uns ist, als wir selbst. Wir können ja gar nicht mündig sein, nicht wahr? Wir brauchen Vormünder.
Tacheles: Wenn Ihnen diese Leute einmal begegnen, dann sagen Sie dies: „Ich brauche ihre Moral nicht, ich habe bereits eine“, oder „Nein, ich brauche Ihre ultimativen Dating-Tipps nicht, ich nutze meine eigene Lebenserfahrung“.
Nun werden sie vielleicht sagen: Nö, diese Leute treffe ich doch gar nicht. Ach, wirklich nicht? Begegneten sie Ihnen nicht neulich, zwischen den Zeilen? Sagte da nicht ein sogenannter Wissenschaftler, sie wäre gar nicht Herr Ihrer Gefühle, ihre Nachbarn würden sie besser kennen? Riet Ihnen nicht schon ein Berater, sich mit so viel Sicherheit beim Date zu bewaffnen, dass sie besser gar keine persönlichen Informationen mehr von sich geben sollten? Haben Sie nicht inzwischen bis zum Erbrechen lesen können, dass eine „Studie“ ergeben hat, wie viele Menschen vom Internet-Dating enttäuscht wurden?
Tacheles? Nehmen sie all das, was es ist: Füllstoff für gelangweilte und bequeme Zeitungsschreiber – und bleiben sie sich selbst und Ihren Erfahrungen treu.