Tacheles: Die schrägsten Vögel im Internet und die Autorinnen
Im Jahr 2001 – das Internet-Dating schlummerte noch in den Babyschuhen, erschien von einer gewissen Karin Sonndorfer im österreichischen Tosa-Verlag ein Buch „Flirten im Internet“, von der Machart: Ei Holla, guckt mal was ich im Netz alles erlebt habt mit den Kerlen, affengeil, was?
Indessen schreibt sie ein Vorwort, das lesenswert ist und in den Kernsatz mündet: „Das kann dazu führen, dass sie mit Unbekannten Dinge erleben wollen und erleben, die Ihnen mit Freunden und Partnern nie in den Sinn kämen“. Na, da sehen sie mal. Nun muss nur noch dazu kommen, dass sie die Sache auch durchführen, sich die schrägsten Vögel heraussuchen und besonders dick auftragen. Dazu noch eine Prise Sex und „wir sind das bessere Geschlecht“-Aroma, dann wird es was mit dem Frauenbuch.
Tacheles:
1. Wenn Sie ein Buch schreiben wollen, was von der Lagerschreiberin bis zur Chefsekretärin verschlungen wird, dann schreiben Sie niemals über Ihre tatsächlichen Schwierigkeiten beim Dating.
2. Schreiben Sie stattdessen von den schrägsten Vögeln, den wildesten Exoten und überhaupt von dem, was aus der Gattung „Mann“ überwiegend als „Abschaum“ angesehen wird.
3. Suchen Sie sich dazu von vornherein Männer aus, die dem vorgenannten Bild entsprechen könnten. Machen sie bis zu ihren Schamgrenzen alles mit und vergessen Sie die üblichen Schranken und Warnungen – Sie wollen ja ein Buch schreiben.
4. Verschweigen sie den größten Teil ihrer eigenen Schwächen, Hemmungen, Lüste, Zickigkeiten und ähnlichen Regungen, die man Ihnen negativ auslegen könnte: Der Mann ist das Objekt im Fokus, nicht Sie.
5. Folgen Sie dem Rat von Verlag und Lektor, dass die Sache möglichst voyeuristische Aspekte enthalten muss: Irgendwie muss sich der Titel ja auch im Inhalt widerspiegeln.
Schließlich – und das ist eigentlich das Wichtigste: Behaupten sie, dass sie alles haargenau so erlebt haben, nie etwas anderes als das Geschriebene geschehen ist, immer reinen Herzens waren und (je nach Verleger) dennoch oder gerade darum mit zwischen 5 und 50 Prozent der Männer ins Bett gegangen sind.
Wo ich gerade dabei bin: Der Gentleman genießt und schweigt bei der einen Sorte Frauen und lächelt, aber schweigt dennoch bei der anderen Sorte. Dies nur für den Fall, dass Sie jetzt meinen, alle Damen seien edel, hilfreich, gut, sanftmütig und niemals notgeil.
Im Grunde können die Frauen doch froh sein, dass wir Männer es den Damen Autorinnen nicht gleich tun und uns öffentlich über unpassende Unterwäsche, abstoßende Nacktheit und degoutante Äußerungen auslassen – von anderen Dingen einmal ganz zu schweigen.