Mal wieder die Jugend – Halt- und Tabulos
Da hat doch gerade der niederländische Minister für Jugend und Familie bekannt gegeben, dass die Jugend (damit meint er die Niederländische) inzwischen über alle Maßen verdorben wäre, wörtlich nach Presseberichten: „Es herrscht eine Mentalität, dass man einfach gemeinsam in die nächste Garage geht, um Sex zu haben, wenn man Lust darauf hat“. Auf Nachfragen soll er allerdings gesagt haben, dass er und seine Familie von einer Fernsehsendung schockiert gewesen wären, in der solche Zustände gezeigt wurden.
Offenbar musste er später zugeben, dass sein Informationsstand nicht ganz ausreichte, um seine Behauptungen zu belegen, denn er verfügte lediglich über eine Statistik, nach der „neun Prozent aller niederländischen Jugendlichen unter 15 Jahren bereits Geschlechtsverkehr hatten“ – das ist an sich noch kein Zeichen von allgemeiner Verwahrlosung, wie mir scheint.
Wie er nun alles ändern will? Mit einer Idee, die schon Tausende vor ihm hatten: mit einer „Geimowe“, einer geistig-moralischen Wende. Der Kolumnist einer Zeitung schließt mit dem denkwürdigen Satz: „Man darf gespannt sein, wie er die Jugend von seinen Ideen überzeugen will“.
Bei den Ankündigungen über die Morallosigkeit der Jugend fühle ich mich immer lebhaft an wütende Moralprediger der 1950er und frühen 1969er Jahre erinnert, die in meiner Generation Ähnliches vom Stapel ließen – ich vergesse dabei nie den Satz, wir seuen „Parasiten des Jazzkellers“ gewesen. Dieses Zitat aus dem 18. Jahrhundert hatte ich ihnen ja schon zuvor schon anderwärts als Lesefutter gegeben, aber ich wiederhole mich gerne:
„Eine Anmerkung zuvor: Der Autor meinte im 18. Jahrhundert mit „Mädchen“ „die Huren“ … (einige der Mädchen) machen sich durch elegante Kleidung, noch öfter aber durch die unanständige Bloßstellung ihrer verführerischen Reize bemerklich. Die Töchter eines Handwerkers, eines Bürgers wohl gar … fühlt ein Verlangen, ihr gleich zu sein; es ist allerdings noch schwach aber wird schon an Stärke gewinnen und ihr eines Tages vielleicht die Bahn des Lasters öffnen.“
Frankreich, Ende des 18. Jahrhunderts