Singlebörsen, die WELT der Gründer und das große Geld
Die WELT berichtet heute über einige Nischenbörsen im Singlemarkt, zum Beispiel die Hundebesitzer oder Übergewichtige. Der Artikel gewährt neben vielen anderen sinnreichen Informationen aus der Branche auch einen kleinen Einblick in die Welt der Finanzierungen und in die häufig übertriebenen Hoffnungen der Betreiber.
Nach Ansicht der WELT gibt es vor allem „am oberen und unteren Bereich der Alterspyramide“ noch etwas zu holen – wobei ich einmal süffisant bemerken darf, dass der „obere Bereich“ mit Sicherheit nicht um die 50 Jahre liegt, wie oft behauptet wird.
Im unteren Bereich hat sich das Online-Speed-Dating innerhalb sogenannter „spaßbetonter“ Webseiten wie „Kiss No Frog“ stark entwickelt – wobei „stark“ relativ ist. Laut WELT hat man dort gerade mal 60.000 Mitglieder, und man erwartet bis Jahresende lediglich 100.000, die bislang kostenfreies Video-Chatten mit Flirtfaktor genießen. Finanziert wurde die Sache von „Business Angel“ – doch nun denkt man daran, Geld zu verdienen, was durchaus verständlich ist. Fragt sich nur, ob der Spaß dann vielleicht beim Geld aufhört.
Die mit Fremdgeld finanzierten Webseiten, insbesondere aber Web 2.0-Anwendungen und andere mit großem Sach- und Personalaufwand aus der Taufe gehobenen Nischenseiten werden es schwer haben. Erst kürzlich hat der „Guru“ von Web 2.0, Tim O’Reilly, vielen kleineren „social communities“ den Tod vorausgesagt und vor Fremdfinanzierung gewarnt. Angesichts der Finanzkrise hofft er sogar auf eine gewisse Bereinigung des sogenannten Web-2.0-Marktes, zu dem auch viele Firmen gehören, die sich mit Dating beschäftigen.
Besser dran sind da schon Betreiber, die zwar Nischen füllen, aber nach dem Motto vorgehen: „klein aber fein“. Sie beginnen nicht mit Büroräumen und sieben Mitarbeitern, wie die WELT bei einem taufrischen Start-up feststellte, sondern mit der eigenen Arbeitskraft aus einer Privatwohnung heraus – erst jetzt, bei sich verfestigendem Erfolg, will beispielsweise der Gründer Sven Exter vom „50plus-Treff“, Büroräume anmieten – und zeigt damit, dass die „New Economy“ durchaus auch aus Wurzeln der guten alten Kaufmannsart wachsen kann.
Für fachlich interessierte Personen empfehle ich auch meinen Artikel: Panikmache: Finanzkrise und Internet – aus für Web 2.0?