Forscher: zurück zu den alten Tabus
Sexualforscher sind wohl die merkwürdigsten Menschen, die diesen Planeten bevölkern: Sie sind derart bestrebt, uns etwas mitzuteilen, dass sie gar nicht bemerken, wie schnell sie ihren Vorgängern widersprechen – und worauf sie hinauswollen, ist ohnehin oft rätselhaft.
Hatten sie uns einst die sexuelle Befreiung gepredigt, so sind sie jetzt offenbar bestrebt, die Notbremse zu ziehen: In einer seltsamen Mischung aus Wissenschaft, Konfusion und neuer Moral sagen sie uns schlicht du einfach dies: Die alten Tabus waren gar nicht so schlecht, denn der Sex damals war dadurch besser.
In der Märchensprache der Gebrüder Gehirn & Geist heißt das dann so:
„Sich gemeinsam dem Unbekannten oder Verbotenen auszuliefern, bedingt gegenseitiges Vertrauen. Grenzen, die gemeinsam überschritten werden, dienen nicht nur der Sexualisierung, sondern auch der Bindung aneinander.“
Mit anderen Worten: Was nicht verboten oder tabuisiert ist, macht nicht nur keinen Spaß, sondern verhindert auch, dass Pärchen zusammenglucken und sagen: „Wir zimmern uns jetzt unser eigenes Sexenhäuschen“.
Ich will mich eines Kommentars weitgehend enthalten – und nur dies sagen: Wer nicht die Zeit erlebt und erlitten hat, in der diese Situation der Tabus und Verbote allgegenwärtig war, der sollte nach meinem bescheidendem Vorschlag bitte den Mund halten – und nicht die Tabus der „guten alten Zeit“ verherrlichen. Was mich hingegen wundert: Der Hauptautor Peter Fiedler ist ungefähr mein Jahrgang. Hat er denn so viel vergessen? Oder sieht die Vergangenheit im Rückblick so rosig aus, dass man schon an Märchen glaubt?
Artikel als PDF-Datei bei Gehirn und Geist erhältlich