Die Psyche, die Partnersuche und du
Dieser Artikel räumt mit der Behauptung auf, Menschen ließen sich tatsächlich „psychologisch“ definieren. Wer es dennoch glaubt, mag es weiterhin tun.
Ich finde immer wieder lustig, dass Psychologen die Introversion oder Extraversion an die erste Stelle ihrer Skala von Persönlichkeitseigenschaften stellen. Schon bei der Frage, was eigentlich „Introversion“ ausmacht oder was „Extraversion“ bedeutet, begeben wir uns auf Glatteis. Jeder kluge Mensch (auch jeder kluge Psychotherapeut) würden uns sagen, dass beide Zustände in einer Person wohnen können – je nachdem, wo wir sind und was wir gerade tun. Und überhaupt: Diese Begriffe liegen auf einer Skala. Wer 100 Prozent introvertiert ist oder 100 Prozent extravertiert, ist ein psychisches Extrem und als solches normalerweise unerträglich. Und die Prozente? Je nach Befragungsmethode sind zwischen 25 und 50 Prozent der Menschen sind introvertiert, wobei die höhere Zahl wahrscheinlicher ist als die niedrigere.
Mal vulgärpsychologisch gesprochen: Der Extravertierte lebt nach außen, labert die Leute voll und findet das großartig. Vor allem, weil er dabei ständig wahrgenommen wird. Der Introvertierte hingegen findet im Inneren seiner Gedanken alles, was er zum Leben braucht, ist oft still und hört gut zu, redet nur, wenn er etwas zu sagen hat und er verfügt über wenig soziale Kontakte.
Ob Extravertierte und Introvertierte zusammenpassen?
Das ist die zweite Frage, die mich amüsiert. Die Psychologen verwenden mindestens drei, manche auch fünf und mehr Kriterien, wenn sie über Persönlichkeitseigenschaften reden – nur die wenigsten beschäftigen sich mit „Passungen“ oder „Matching“ von Liebespaaren. Was wieder heißt: Wer zusammenpasst, ist eher ein Orakel, das alternde Tanten und Kartenschlägerinnen verbreiten als Wissenschaftler.
Wenn wir aber schon dabei sind: Die anderen „Gegensätze“, mit denen Psychologen herummanipulieren, sind.
– Offenheit – als Zurückhaltung oder Neugierde.
– Gewissenhaftigkeit – als unbekümmert oder wohlorganisiert.
– Verträglichkeit – als eigennützig oder kooperativ.
– Neurotizismus – als selbstsicher oder überempfindlich.
Weder finden wir: Es gibt die Gegensätze in einer Person und alles von allem in jeder beliebigen Kombination.
Können wir dem Psycho-Modell etwas entnehmen?
Ein Psycho-Institut hat sich einmal Gedanken darüber gemacht, auf wie viel Prozent der Bevölkerung wohl die gängigsten Kombinationen von Eigenschaften zutreffen könnten. Erstaunlicherweise stellen wir dort fest: Introvertierte und extravertierte Denker sowie introvertierte und extravertierte „Fühler“ sind einfach – mehr. Sie bilden zwischen 60 und gut 75 Prozent der Bevölkerung. Besonders die die intuitiv Handelnden kommen in der Bevölkerung selten vor, und das Schlusslicht bilden jene, die sich in ihrer Intuition verlieren und sich weigern, nachzudenken, aber dennoch feste Vorstellungen von sich und den Dingen zu haben.
Wer Frauen bestimmte Eigenschaften zuweist und Männern andere, sollte sich neu orientieren: die Unterschiede sind minimal – nur bei den Faktoren, die das Fühlen in den Mittelpunkt stellen, schneiden sie erheblich besser ab. (Männer nur bis zu acht Prozent, Frauen bis zu 20 Prozent).
Und nun? Wenn wir das alles mal austarieren, was bleibt dann?
Am Ende bringt das Psycho-Modell der Persönlichkeit gar nichts
Gar nichts. Wer sucht schon eine Person, die nichts denken, sondern viel fühlen will? Eine die sich ständig auf ihre Intuition verlässt, statt Fakten und Kriterien anzuerkennen? Oder eine, die schneller urteilt als versteht? Und wer will überhaupt jemals eine Person, die einem „Kriterienkatalog“ der Psychologie entspricht?
Denken schadet nicht – fühlen auch nicht
Ich schlage mal diese Sichtweise vor: Der Homo sapiens heißt so, weil er denkt. Und sollte er das Fühlen als sinnreicher oder angenehmer empfinden, dann ist er immer noch ein Lebewesen. Wer aber ist der „psychologisch definierte Mensch?“ Ein Homunkulus? Eine in der Studierstube konstruierte Menschmaschine, die es in der Realität gar nicht gibt?
Habe den Mut, selbst zu denken und zu entscheiden
Frag dich gar nicht erst. Frag, wen du suchen willst. Ich schlage mal vor, einen denkenden und/oder fühlenden Menschen, der allerlei gute Eigenschaften mitbringt, sich möglichst in der psychischen Waage befindet oder der jedenfalls schnell dorthin zurückkommt? Ich denke schon. Vorausgesetzt, du liebst ihn.
Dies Interview erhellt.
Diese Zahlen (allerdings aus den USA) sind aussagefähig.