Die Sprache, die „Dating“ nicht kennt
Außerordentlich viele Singles gehen auf Verabredungen mit dem Vorsatz, dort „irgendwie“ eine erfolgreiche Begegnung zustande zu bringen – die Werbung der Unternehmen ist ja voll von solchen Behauptungen.
Nun kommt noch hinzu, dass auf solchen Verabredungen eine deutlich reduzierte „Kaffeetafelsprache“ verwendet werden soll, wenn es nach den Beratern „alter Schule“ geht. Doch die Frage: „Was will ich eigentlich damit erreichen, mit jemandem zusammen zu sein, und will der (die) andere das auch?“, bleibt oft unbeantwortet.
Und ja, auch ich sage: „Nicht mit der Tür ins Haus fallen.“ Niemand wird gerne überrumpelt. Ich selber weiß, wovon ich rede. Nicht nur einmal hat mich eine Frau gefragt, ob ich „wirklich und wahrhaftig“ heiraten wolle, sonst sei die Begegnung zwecklos. Ob sie nun sagen, sie hätten schon einen Tisch im feinsten Restaurant der Stadt bestellt oder das Bett wäre frisch bezogen – ich fühlte mich ungerne genötigt.
Tacheles über die Lebensführung – möglichst rechtzeitig
Auf der anderen Seite ist es sinnreich, bald „Tacheles“ zu reden, wenn man mehr will als „mal wieder richtig seinen Körper zu spüren“. Es geht um Lebensführung, Mobilität und – natürlich auch um Sexualität.
Sie können hingucken, wo sie wollen – die Mittelschicht oder auch „der Durschnitt“, also gut zwei Drittel der Singles – beherrschen die Sprache der sexuellen Kommunikation nicht. Non-verbal (analog) mag es ja noch gehen – das können Sie eventuell aus der Mimik und Gestik Ihres Gegenübers lesen. Verbal wird es schon schwieriger – und weil es ja alle raten, wird gar nicht erst darüber geredet.
Das wäre auch nicht so schlimm, wenn es nicht dabei bliebe. Aber meistens „schleifen sich die Dinge so ein. Herr Mustermann hat Wünsche, die er sich mit Frau Mustermann erfüllen kann – und umgekehrt. Aber er hat eben auch Wünsche, von denen Frau Mustermann nichts erfährt, weil das „Kaffeetafeldeutsch“ dafür keine „anständigen“ Begriffe kennt. Oder weil er befürchtet, dass Frau Mustermann sofort die Scheidung einreicht, wenn sie davon erfährt.
Ich las dazu etwas Merkwürdiges, das gleichwohl erhellend ist:
Kindern und Jugendlichen … muss eine Sprache für ihren Körper und ihre Gefühle gegeben werden. Wer lernt, offen über seine Sexualität zu reden, kann über Wünsche und Grenzen sprechen.
Erwachsene kommunizieren eingeschränkt – und fürchten, ehrlich zu sein
Nur – da wird beinahe so gesprochen, als ob es Erwachsene könnten. So, als wüssten sie alle Begriffe für Körperteile und Körperfunktionen, und zugleich so, als könnten sie über ihre Gelüste „frei von der Leber weg“ sprechen. Einige von Ihnen mögen das ja können und sich zugleich trauen, es auch zu tun. Aber die Erfahrung lehrt – sie tun es selten.
Und das ist keinesfalls das einzige Tabu. Auch all das andere, was mit dem Lebensfluss, den Bedürfnissen und Gefühlen zusammenhängt, wird oft nicht besprochen, weil es einfach „peinlich“ oder „despektierlich“ wäre, bestimmte Themen oder Bedürfnisse zu erwähnen.
Fragen Sie sich doch mal, wo Sie in fünf Jahren sein wollen, wie Sie dann leben wollen und ob sie dann gerne Mutter oder Vater wären. Das jedenfalls sollten Sie unbedingt tun, wenn Sie jetzt zwischen 30 und 39 Jahre alt sind.