Der unangemessen schlechte Ruf der Verführer
Erstens ist er männlich – beinahe obligatorisch. Zweitens arbeitet er mit unlauteren Mitteln – wie sonst könnte er sein Ziel erreichen? Und drittens ist er mehr oder weniger pervers – kein Mensch hätte je einen anderen verführt, wenn er nicht versaut wäre.
Und weil das alle so ist, steht der Verführer in schlechtem Ruf. Und auf Kirchenbänken wird ohnehin gefleht: „und führe und nicht in Versuchung.“ Womit wir auch beim Ursprung der Verleumder wären: Das Versuchen ist ein Synonym für das Verführen, nur dass wir beim „Versuchen“ an den Allzeit-Altbösen denken. Und beim Verführen an den Mann, der Frauen mit Worten beschmust, mit Taten neckt und sicherlich auch mit süßen alkoholischen Getränken nachhilft, um die Reste femininer Zurückhaltung zu überwinden: schwanzgesteuertes Arschloch, klar …
Ja, sicher, liebe Leserinnen, so ähnlich (nur drastischer) stets in den Büchern, die Flachhirne für Flachleger schreiben. Aber diese Leute sind keine Verführer, und selbst der Name „Trickverführer“ kommt mir nur schwer über die Tastatur. Im Grunde genommen sind es Männer mit Scheuklappen, die den Sinn jeglicher Erotik darin sehen, denn Inhalt ihrer Prostata möglichst fix in einen weiblichen Körper zu entleeren.
Verführer sind besser als ihr Ruf
Verführer tun etwas anderes: Sie wecken und entwickeln latent vorhandene Bedürfnisse, und das müssen nun wirklich keine sexuellen Bedürfnisse sein. Es kann sich um Waren oder Emotionen aller Art handeln, und wenn wir schon von Sexualität reden, dann ist es oft die Verführung, bereits vorhandene Träume zu verwirklichen. Das ist für die Verführbaren manchmal teuer, gelegentlich auch risikoreich, aber eines ist es nicht: fies.
Verführerinnen: die heimlichen Verführer
Übrigens sind viele Verführungen ohnehin gar keine: Da gehen Frauen ziellos aus, manche wählen dazu sogar zielgerichtet Dates, um jemanden zu treffen, der sie genau an diesem Abend verführt. Diese Strategie ist ungeheuer erfolgreich – und sie beinhaltet ein Spiel, das wir schon als Kinder genere spielten: „Ich? Ich habe doch nicht angefangen, der andere war es.“
Ja und nun mal Butter bei die Fisch: Frauen verführen ganz selbstverständlich, unmissverständlich und durchaus mit Verstand und Kalkül. Und wenn sie es sehr geschickt machen, kommen sie dabei nicht einmal in den Ruf, etwas schlampig mit ihrem Körper umzugehen.
Also: Hört mal auf mit em Verführer-Bashing. Verführerinnen und Verführer sind besser als ihr Ruf – und sie verführen sicher nicht „zu allem Bösen.“