Als Dating begann … und was davon heute noch wichtig ist
Zunächst einmal sollten wir uns an die Zeiten erinnern, in denen „Dating“ oder auf Deutsch die „selbstständige Partnersuche junger Leute“ begann. Man kann diesen Zeitpunkt ziemlich genau auf das „Ende des Ersten Weltkriegs“ datieren.
Es gab damals mehr Privatsphäre, vor allem für Frauen, und sie verfügten auch bereits über eine gewisse Autonomie. Hinzu kam, dass diese „Dates“ oder „Rendezvous“ nicht in der elterlichen Wohnung, sondern außerhalb stattfanden – schon diese Tatsache brachte den angehenden Paaren mehr Freiheit.
Aber es gab auch Gefahren, und darüber schreibt Hanne Blank in ihrem Buch „Straight“ (1):
Sehr viel mehr Frauen aus einem weitaus größeren sozial-ökonomischen Spektrum wurden zum Ziel sexueller Ausbeutung oder zu einer Art Ware nach der Methode, sich beim Date „al la carte“ zu bedienen. Aber es gab auch eine andere Betrachtungsweise als die des Warencharakters und der Ausbeutung. Sex konnte als eine mögliche Quelle der Macht, des Vergnügens und sicherlich auch des Profits dienen.
Dating heute: Mehr Freiheiten für alle – und mehr Macht für Frauen
Schauen wir nun einmal auf die heutige Zeit: Das sozial-ökonomische Spektrum, in dem sich Online-Dating bewegt, ist erheblich größer geworden. Zugleich sind die persönlichen Freiheiten des Individuums weiter gewachsen. Die strikte Moral, vor allem für Frauen, hat sich weiter gelockert. Der größte Unterschied zu damals ist aber schleicht und einfach, dass Frauen selber über die Mittel und die Macht verfügen, sich die kleinen und großen Dinge des Lebens selber zu leisten. Und das unterscheidet das heutige Dating von dem, was Hanne Blank (1)später so beschreibt:
Manche der Frauen, die Charity-Girls genannt wurden, bezichtigte man gar der Prostitution, weil sie sexuelle Gefälligkeiten … anboten für all die Dinge, die ihnen beim Date zufielen: Mahlzeiten, Vergnügungen und Geschenke. Und tatsächlich konnten solche „irregulären“ Beziehungen durchaus auf Achtung voreinander und Zuneigung zueinander beruhen.
Fünf Punkte, die für das heutige Dating wichtig sind
Was wir für unsere Zeit daraus lernen können, ist dies:
1. Die Freiheit, alles zu tun, was man will und kann, beinhaltet auch Gefahren.
2. Die Möglichkeit, sich beim Date „a la carte“ (2) bedienen zu können, ist immer gegeben, und heutzutage auch für Frauen.
3. Frauen und Männer können aus Dates persönliches Glück gewinnen, ohne eine Beziehung zu wollen.
4. Beziehungen, die nicht unbedingt „regulär“ sind, müssen nicht auf Missachtung und Ausbeutung einer Person beruhen.
5. Es ist immer möglich, dass Menschen beim Dating Absichten haben, die weder etwas mit Beziehungen noch mit Lust zu tun haben.
Der Begriff „Dating“ ist – das kann ich Ihnen ganz sicher sagen – altbacken besetzt als „Ausschließliche Suche nach einer dauerhaften Liebesbeziehung“.
Vergessen wir auch nicht: Für viele Menschen dient Dating auch der „Suche nach dem Selbst, das in die Beziehung eingehen soll.“ Heißt konkret: Sie wissen ungefähr, was sie jetzt sind – aber sie müssen erst herausfinden, was sie in einer Beziehung sein könnten. Vielleicht schreibe ich Ihnen später einmal etwas darüber.
(1) Blank, Hanne: Straight“, Seite 111, Boston 2012.Mir lag keine offizielle Übersetzung vor, und es mag sein, dass ein regulärer Übersetzer andere Worte gewählt hätte.
(2) „A la carte“ eigentlich „à la carte“ bezeichnet eine Möglichkeit, sich aus einer Situation heraus frei zu wählen, was man möchte. Die Liebe oder auch Lust „à la carte“ auszuführen, bedeutet zumeist, mal diese, mal jene Person zu bevorzugen, die sich gerade anbietet.