Dating-Burnout: Irrtümer und Verzerrungen über Online-Dating
Hinieden ist ein Jammertal – erst im Jenseits ist Jubel und Jauchzen – so könntet man einen Leserbrief in der Badischen Zeitung kommentieren. Es geht um Online-Dating.
Kernsatz 1: Der Wunsch nach Liebe, Erfüllung, Zärtlichkeit zerplatzt meistens wie eine Seifenblase.
Das ist nicht wahr und kann so nicht stehen bleiben. Der Wunsch, mit einem Partner leben zu wollen, geht über Wünsche wie „Liebe, Erfüllung und Zärtlichkeit“ hinaus – oder bleibt hinter ihnen zurück. In jedem Fall beinhaltet die Suche nach einem Partner eine gehörige Portion Realismus. Fehlt der, so läuft jeder Gefahr, auf Illusionen hereinzufallen.
Kernsatz 2: Der Begriff Dating Burnout ist inzwischen salonfähig geworden.
Sollte Dating-Bournout tatsächlich „salonfähig“ geworden sein, dann kann man nur sagen: Leider hat da mal jemand (wieder) einen Begriff kreiert, der nichts als heiße Luft beinhaltet. „Burnout“ (Ausbrennen) bezeichnet eine psychische Erschöpfung. Diese Kräfte sind nicht einfach „erschöpft“ (weil aufgebraucht), sondern der eigentliche Grund ist, dass sie sich nicht mehr täglich neu aufbauen. Gelegentlich wird vermutet, dass sich soclhe Menschen selbst überfordern, dann an diesen Überforderungen scheitern und sich letztlich nicht wieder selbst daraus befreien können. „Burnout“ ist übrigens nur ein pressewirksames Etikett für einige psychische Symptome, nicht mehr.
Kommen wir nun zurück zur Partnersuche. Sie kann enttäuschend, oder, wie oft gesagt wird, „frustrierend sein“ sein. Wer selbstbewusst ist und akzeptiert, dass Enttäuschungen dun Rückschläge zum Leben gehören, wird davon nicht aus der Bahn geworfen. Das heißt: Online-Dating-Unternehmen sind nicht verantwortlich für das, was mit den Menschen geschieht, die sich bei der Partnersuche überfordern. Übrigens: Sie überfordern auch andere und setzen Maßstäbe für andere, die kaum erfüllbar sind.
Wir wissen (das habe fast alle von uns einmal erfahren), dass die Sehnsucht, die Liebe und auch die Wollust in uns Kräfte freisetzt, die zu Illusionen führen. Das ist nicht neu, und es ist keine „Schuld“ von Online-Dating. Die Natur hat die erforderlichen, selbst produzierten Drogen erschaffen, um uns zu verwirren. Und der Mensch lernt im Laufe seines Lebens, sich ihnen zu unterwerfen oder sich ihnen zu widersetzen – je nach Lust oder Notwendigkeit.
Heißt, klipp und klar: Wir sind für unser Handeln selbst verantwortlich, und wenn wir dies nicht schaffen, dann steht (hoffentlich) die richtige Therapie zur Verfügung.
Und, ebenso klar und folgerichtig: Ein berufliches Versagen aufgrund von Überforderung kann die Existenz kosten, weil man ja nicht einfach „aufhören“ kann, wenn man den Lebensstandard sichern will. Wer allerdings bei der Partnersuche „ausbrennt“, der kann jederzeit damit aufhören und es später noch einmal versuchen.