Lifestylemagazine – eher schlechte Lektüre?
Lifestylemagazine in Form von Blogs gibt es schon relativ lange, aber erst seit wenigen Jahren haben sie drei Eigenschaften bekommen:
1. Sie wenden sich fast ausschließlich an Frauen.
2. Sie platzieren unverschämt viel Werbung im redaktionellen Teil.
3. Sie versuchen, ihren Leserinnen nach dem Mund zu reden.
Die Gründe für ihre enorme Vermehrung sind bekannt: Die meisten Frauen streben danach, Trend zu folgen, und dabei den „richtigen“ Lifestyle zu pflegen. Und was „richtig“ ist, drückt sich eben oft in Produkten, manchmal auch in Dienstleistungen aus. Zusätzlich verfügen fast alle diese Magazine über einen Erotik-Teil und einen Ratgeber für Beziehungen.
Dies alles wäre – nun, sagen wir mal – gerade noch erträglich. Doch nun wird noch etwas oben draufgesetzt: Die Redaktion verbreitet zügellos teils einseitige, teils frei erfundene Geschichten über Gefühle und Erfahrungen. Diese Unsitte machen so gut wie alle mit – und weil die Gefühle genau auf die geheimen Wünsche, Erwartungen und Befürchtungen der meist unkritischen Leserschaft zugeschneiten werden, hat die Sache Erfolg. Schließlich will man die Leserinnen, die ja zu Käuferinnen der beworbenen Produkte und Dienstleistungen werden sollen, nicht verprellen.
Was bedeutet das alles eigentlich für die Partnersuche?
Leider nichts Gutes. Die durch den kollektiven Lifestyle und den Mainstream werden sich die Frauen, die sich dort orientieren, immer uniformierter. Die Ratschläge, ob falsch oder richtig, nichtig oder wichtig, werden ständig herumgerollt, und weil es nichts Neues gibt, werden sie ständig umgeschrieben. Gierig warten die Redakteurinnen auf ein Buch, das die alten Thesen bestätigt – und selbst, wenn nicht: Hauptsache, es wurde von einer Frau geschrieben. Angebliche „Probleme“ oder „Trends“ werden überhöht, und ihre Bedeutung wird verfälscht. Buchautorinnen, aber auch Inhaber kommerzieller Beratungs-Webseiten werden ständig zitiert – was dann als Win-win-Situation bezeichnet wird, in Wahrheit aber wieder nichts als verdeckte Werbung ist.
Misserfolge durch den Herdentrieb
Was dabei auf der Strecke bleibt, sind Realitätssinn, Nüchternheit und Eigenverantwortung, Individualität und Selbstverwirklichung. Und weil diese Magazine zumindest im Verdacht stehen, die Leserinnen-Herden alle in eine Richtung zu treiben, konkurrieren schließlich alle mit allem um dieselben Ressourcen. Was bedeutet: Die Möglichkeit des Versagens ist riesig.
Die Chance zum Phrasendreschen kommt jeden Tag durch die Tür
Kürzlich las ich einen eher ernüchternden Artikel über langjährige Beziehungen und Sex. Das Fazit war ungefähr so: „Kräht der Wissenschaftler auf dem Mist, wird der Sex entweder schlechter oder er bleibt, wie er ist.“ Doch der Artikel kann natürlich dazu dienen, nun eine Eheberaterin, Paarpsychologin, Sexologin und dergleichen zu konsultieren, die mindesten ein Buch geschrieben oder eine Beratungswebseite hat. Und damit – ja damit schließt sich dann der Kreis: Das alte Stroh wird frisch gedroschen: „Miteinander reden, Dessous kaufen, Sextoys involvieren, Rollenspiele erproben.“ Na ja, und wenn Frau Redakteurin dann danach ist, kann sie noch auf einschlägige Produkte, Sex-Begegnungsseiten oder Ratgeber-Bücher verweisen.
Na schön – ich hörte, die Betreiberinnen derartiger Webseiten könnten „gut davon leben“. Geschäfte zu machen ist eigentlich nichts Ehrenrühriges. Verwerflich ist allein, die wahren Absichten hinter „objektiver Information“ und „wahren Erlebnissen“ zu verstecken.
Ehrlicher wäre, kritischer zu sein … aber allein das Wort „kritisch“ löst schon das bekannte Entsetzen aus: Da könnten ja die Werbeeinnahmen fallen.