Selbst-Optimierung – wenig Sinn, viel Zeitgeist
Selbstoptimierung ist – ähnlich wie Selbstheilung – ein Prozess, für den Sie im Grunde nicht tun müssen. Das Nervensystem optimiert sich nämlich selbst, indem es versucht, das Beste mit dem geringsten Aufwand zu erreichen. In seltenen Fällen, meist nach Eingriffen von außen, ist dazu ein Training nötig, das die Selbstoptimierung oder „automatische Optimierung“ unterstützt.
Hinter der Selbstoptimierung steckt ein kybernetisches System: Durch Rückkoppelung wird versucht, den günstigsten Weg zu finden, die Körper- und Geistesfunktionen wie auch die Emotionen ökonomisch sinnvoll zu verwalten. Das heißt: möglichst wenig Energie einzusetzen, um beispielsweise aufrecht zu gehen, sinnvolle Entscheidungen zu treffen oder Zuneigung, Liebe oder Sex zu bekommen.
Soweit das richtige Leben, die Natur und die Kybernetik.
Sinnvoll optimieren heißt meist verstärken
Es ist nun möglich, einzelne Fähigkeiten mit Hilfsmitteln zu optimieren. Das bemerken Sie, wenn Sie flirten. Sobald eine Frau entdeckt, dass sie ihre Flirtmethoden vor dem Spiegel verbessern kann, wird sie das tun. Sie setzt dabei die gleichen Emotionen ein, verändert ihr Gefühlsleben kein bisschen, ja, sie agiert nicht einmal anders anders als zuvor, sondern verstärkt ihre von der Natur gegeben Aktion, sodass sie optisch interessanter wirken.
Schon haben wir einen Fall, der als sinnvoll und legitim gilt.
Falsches Lernen sinnvoll korrigieren
Ein anderer Fall ist „falsches Lernen“, das sich negativ auf das Verhalten auswirkt. Seien Ursprünge liegen im „Lernen“, nur haben wir leider etwas falsch gelernt. Da wäre zum Beispiel die Forderung an uns, „lieb und nett“ zu sein. Eine andere, häufig Störung beseht darin, zu erlernen, wie man durch Leistung Liebe und Zuneigung gewinnt. Wenn wir wirklich so handeln, vergeuden wir eine Menge Kraft an Menschen, die im Grund Egoisten sind: Sie kassieren die Leistung und geben billige Emotionen als Lohn zurück. Auch hier lohnt es sich, an Umlernen zu denken – denn obgleich die Grundlagen in der Jugend gelegt werden, konnten wir im Erwachsenenalter keine automatische Optimierung mehr feststellen. Vielmehr führte diese Erziehung zu Misserfolgen, die für uns unerklärlich waren.
Also auch ein Fall, in dem wir uns selbst optimieren können – die Eltern, Großeltern oder Erzieher haben es vermurkst, und wir müssen es korrigieren, wenn wir Erfolg haben wollen. Und möglicherweise müssen Sie dazu professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Wo aber ist der Unsinn?
Der moderne Optimierungs-Blödsinn
Er liegt darin, aus sehr schwachen Veranlagungen optimale Ergebnisse zu erzielen. Viel sinnvoller wäre es, starke Veranlagungen auszubauen – aber das ist den Selbst-Optimierern viel zu profan, zumal es weitgehend automatisch funktioniert. Der Selbst-Optimierer der neuen Zeit versucht also, mit teuren, komplizierten und oft nicht ganz ungefährlichen Mitteln die gleichen Ergebnisse oder noch bessere Ergebnisse zu erzielen wie der Könner.
Dazu zählen: Drogen, einseitige Gehirnprogrammierung, Reduzierung der Emotionen, übermäßiges Körpertraining, merkwürdige Diäten, besondere teure, angepasste Kleidung, extremes Schminken und Schönheitschirurgie.
Warum Selbst-Optimieren fast sinnlos ist
Das erste Problem dabei: Wenn alles gelingt, wird ihr Selbstbewusstsein reduziert auf das, womit Sie Erfolg hatten – also auf den Sessel der Abteilungsleiterin, der Gewinnerin des Stadtmarathons oder auch nur dem größeren Brustumfang, der Blicke anzieht. Wenn Ihnen das reicht – na schön – jede ist ihre Glückes Schmiedin.
Das zweite Problem (uns sie dürfen mir glauben, es kommt öfter vor): Sie haben alles so gemacht, wie ein Anleitungsbuch, ihr Guru oder Ihr Chirurg vorgeschlagen hat, und Sie fallen damit auf die Nase. Dann ist die Mühe umsonst gewesen, und ihr Selbstbewusstsein hat einen neuen Knick.
Also: wenn Sie etwas ausbauen wollen, dass das, was Sie ohnehin auszeichnet, und womit Sie bereits heute Anerkennung finden.