Wer sucht die Illusion, und was ist ihr Preis?
Wenn ich manchen Foren und Blogs glauben darf, dann suchen alle nur die „Wahre Liebe“, und falls sie es nicht ist, jedenfalls etwas, was dem gleichkommt. Ich habe noch sehr selten von einer Frau gehört, dass sie wenigstens vor sich selbst zugibt, auch die Illusion der Verliebtheit zu suchen, geschweige denn, dieser Lust willentlich zu verfallen.
Mit vollem Bewusstsein der Lust verfallen
Doch der Kitzel an den Lustnerven, die Neugierde darauf, Lüste zu entdecken oder wieder mit Leben zu füllen, macht nicht vor Frauen halt. Viele sitzen an den Rändern der Single-Börsen, auf den Hockern einschlägiger Bars oder anderwärts in dem vollen Bewusstsein, dass sie gerade jetzt gerne der Wollust verfallen würden, wenn sie jemand wirklich nett dazu auffordern würde.
Ihnen gehört meine Sympathie, weil sie wenigstens ehrlich sind. Ich mag aufrichtige Menschen, die zu ihren Bedürfnissen stehen.
Illusionen schenken, schenken lassen udn vielleicht auch dafür bezahlen
Anders beurteile ich jene, die sich den vollen Genuss einer Affäre hereinziehen, und hernach jammern, sie seine irgendwie hintergangen worden. Ich kann sie nicht hassen, weil ich glaube, dass sie sich nicht bewusst sind, immer wieder in die eignen Fallen zu tappen. Aber ich habe auch kleinen Funken Mitleid mit ihnen.
Manch Frauen und Männer lassen sich die Illusion einer wundervollen Liebesnacht schenken, andere verschenken solche erfüllten Nächte freizügig. Andere lassen sich dafür bezahlen sie zu zelebrieren, und wieder andere zahlen dafür, sie zu bekommen.
Wissen um die Illusion hilft
Aber alle Genannten, also die die Geber und die Nehmer, wissen aus der Situation heraus, dass es sich um Illusionen handelt, die man einander schenkt oder sich vergüten lässt. Nehmen wir die Frau, deren Sexualleben darin besteht, sich bei Bedarf in einer Hotelbar einen stattlichen, erfahrenen und freundlichen Lover zu schnappen, den sie vor dem Frühstück verlässt. Oder eine Geschäftsfrau, die sich beim Casual Dating bedient und Wünsche äußert, die der Mann ihr erfüllen soll. Sie alle leben sehr bewusst mit schönen Illusionen. Und sie akzeptieren, dass sie im Morgengrauen vorbei sind.
Unklar wird die Sache mit der Neugierde auf wundervolle Emotionen und lustvollen Sex erst dann, wenn einem Teil nicht klar ist, dass die Lust, die er nun durchlebt, eine Illusion ist. Dabei ist Folgendes zu bedenken: Wenn einer der Partner sich in eine Illusion flüchtet, wird der andere kaum sagen: „Hey, du bist auf dem Holzweg – dies hier ist alles nur vorübergehend“, denn so altruistisch ist niemand.
Wenn Manna vom Himmel fällt, so ein Spruch, sollte man den Mund weit öffnen, um es zu genießen. Und wenn jemandem die Lust in den Schoß fällt, gilt das Gleiche. Wer annimmt, dass es morgen auch Mann regnet oder sich die Schleusen der Lust auch morgen öffnen, ist im Grunde genommen naiv.
Der Preis der Lust – ist der investierte Betrag zu hoch gewesen?
Ich weiß, dass viele Frauen ihre Gunst und die uneingeschränkte Lust, die sie genossen haben, hernach bereuen. Sie sagen dann, sie hätten „in Gefühle investiert“. Das heißt im Klartext: Sie meinen, sie hätten zu viel investiert, also einen zu hohen Preis bezahlt.
Natürlich weiß ich nicht, was ein „zu hoher Preis“ in Emotionswährung ist – das kann nur jeder selbst entscheiden. Aber so viel kann ich sagen: Für den unendlichen Genuss, den eine intensive Affäre mit sich bringt, wird in der Regel ein gewisser Einsatz in Emotionswährung erwartet, der am Ende eben auch in einem Verlust enden kann.