Tag der virtuellen Liebe
Eigentlich ist das Motto dieses Tages irreführend: Nein, es ist nicht der Tag der virtuellen Liebe, sondern der Tag für alle Paare, die ihren ersten Kontakt im Internet aufgenommen haben. Denn „virtuell“ bedeutet in der Vorstellung der Menschen, die sich für gebildet halten, ja auch „scheinbar“. Auch alle anderen Übersetzungen des Wortes „virtuell“ (möglich, erdenklich, vorstellbar) passen nicht so recht zu dem, was der Tag bedeuten soll: „Bekennt euch dazu, euch im Internet kennengelernt zu haben.“
Inzwischen gibt’s da nichts mehr zu bekennen – und es wäre überflüssig zu sagen, dass auch ich zu denjenigen gehöre, die zum ersten Mal im Internet Kontakt mit der zukünftigen Partnerin hatten.
Was heute anders ist? Vor allem das Preisgefüge der Anbieter, das sich sehr zulasten des Kunden entwickelt hat. Ich hatte noch alle Möglichkeiten, gratis Kontakte aufzunehmen und musste nur dafür bezahlen, alle Interessentinnen zu sehen, die auf mich aufmerksam wurden. Heute sind vor allem die Online-Partnervermittler enorm teuer geworden, und durch die Abonnements, die heute fast ausschließlich langfristig verkauft werden, gerät mancher in unerwünschte Abo-Fallen.
Auf der Kundenseite hat sich vor allem verändert, dass Online-Dating ein Massenphänomen geworden ist. In früheren Zeiten, sagen wir vor etwa 15 Jahren, wussten die Menschen noch, dass sie Neuland betraten und lernen mussten, sich auf unbekanntem Terrain zu bewegen. Heute fühlen sich viele Singles überfordert, wenn sie online auswählen sollen und anschleißend mit Realitäten konfrontiert werden, die ihnen fremd sind. Daraus resultiert dann ein gewisser Frust, den man so zusammenlassen könnte:
Die Wunschvorstellung, die von der Werbung noch befeuert werden, entsprechen in der Regel nicht den Realitäten der Partnersuche. Dazu gehört auch das „Leckersein“ – also auch in einem sehr dünnen Markt immer noch extreme Wünsche zu haben. Überhaupt begreifen sehr wenige Menschen, dass der Markt die Regeln vorgibt – und nicht etwa sie selbst.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass Singles oft glauben, Begegnungen fänden in einem besonders geschützten Raum statt. Manchen Personen ist beispielsweise nur schwer zu vermitteln, dass auch ein „ernsthafter Partnersuchender“ in einer Begegnung nicht unbedingt den Beginn einer dauerhaften Bindung sieht. „Kennenlernen“ bleibt eben „Kennenlernen“, egal, was dem Treffen vorausging.
Die „virtuelle“ Partnersuche ist dennoch zu empfehlen – besonders, wenn der Suchende genügend Bodenhaftung einerseits und Toleranz andererseits an den Tag legt. Wer weiß, wohin der Weg langfristig führen soll und mit wem er diesen Weg gehen könnte, hat die besten Chancen, aus dem Date auch einen Erfolg zu machen.