Eindeutige verbale Zustimmung zum Sex?
Vielfach hört man jetzt den Begriff: „Verbale Zustimmung“, englisch „Verbal Consent“. Normalerweise nutzt man diesen Begriff für mündliche Absprachen, die Vertragscharakter haben sollen.Nun aber wird versucht, Menschen dazu zu zwingen, vor dem Geschlechtsverkehr eine eindeutige verbale Stellungnahme abzugeben, ob er vollzogen werden darf und wie dabei vorzugehen ist.
Die Erfinder dieser neuen Verhaltensweise stellen sich das so vor (Beispiel Universität von Michigan):
Eine klare und unzweifelhafte Vereinbarung, die nach außen wechselseitig in verständlichen Worten oder Handlungen ausgedrückt wird, um bestimmte Aktivitäten auszuführen.
„Worte oder Handlungen“ lässt immerhin einen Spielraum – doch reicht ein als erotisch definiertes Verhalten dann nicht, wenn es einseitig wahrgenommen wird, denn:
Körpersprache, Erscheinungsbild und No-verbale Kommunikation (für sie gilt). Niemand sollte jemals annehmen, dass die Art, wie sich jemand kleidet, aussieht oder handelt (bedeutet) Sex mit dir zu wollen.
Normalerweise können Vereinbarungen „mündlich, schriftlich oder in anderer Weise“ geschlossen werden, und das funktioniert im Prinzip ganz gut. Nur wäre natürlich die Frage, welche Handlungen „verständlich“ sind und welche nicht.
Ich kenne ein paar Double-Binds, die gelegentlich anwendet werden, beispielsweise „Verführe mich, aber wehe, du versuchst es“ oder „verführe mich auf keinen Fall, aber wehe, du versuchst es nicht wenigstens.“ Und sicher wäre es ein einfaches Zeichen, wenn SIE die Lippen spitzt und die Augen schließt, oder die Bluse öffnet und fragt „interessiert dich, was du siehst?“ Aber dergleichen kommt recht selten vor.
Wer ist eigentlich ans Sex interessiert?
Aber wie erkennt frau wie auch man, völlig bekleidet, mit mäßiger Mimik und Gestik ausgestattet, dass jemand am Sex mit dem anderen interessiert ist? Auf „verbal“ darf man gar nicht erst hoffen – eine Frau, die Sex vorschlägt, und dazu noch detailliert, steht unter Schlampenverdacht. Und einem Mann, der es vorschlägt, wird entweder eine moralische Standpauke gehalten oder er wird als „Weichei“ abgetan.
Ich denke, es wird Zeit, uns von dem Gedanken freizumachen, dass Sex mit einer verbalen, wechselseitigen Vereinbarung“ begonnen wird. So funktionieren bestenfalls manche SM-Beziehungen.
Der Weg zu Liebe, Lust und Leidenschaft ist – wie könnte es auch anders sein – ein Spiel mit teils offenen, teils verborgenen Regeln. Wer mag, kann dies ja noch einmal in „Spiele der Erwachsenen“ nachlesen. Vielleicht sollte man überhaupt einmal überdenken, dass Menschen selten so handeln, wie es sich Gutmenschen, Moralisten und Elfenbeintürmler vorstellen. Sie wünschen sich etwas, und wenn sie es nicht bekommen, dann trollen sie sich entweder, maulen darüber oder werden aggressiv. Und übrigens: Haben Sie als Mann schon einmal zu einer Frau im sexuellen Zusammenhang gesagt: „Nein lieber nicht?“
Es wird eine „interessante“ Erfahrung – das kann ich Ihnen versprechen.
Bild: nach einer historischen fotografischen Darstellung.