Warum fast gar nicht stimmt, was Sie über Online-Partnersuche hören
Warum fast gar nicht stimmt, was Sie über Online-Partnersuche hören und warum wir zurück müssen zu minimalen Übereinstimmungen.
von Gebhard Roese und „zwischen den Tagen“geschrieben
Schon lange gib es allerlei Gerüchte über Menschen, die sich „durch Ehemakler“ (seit Jahrhunderten), „per Korrespondenz“ (19. Jahrhundert), „per Annonce“ (Schwerpunkt zweite Hälfte 20. Jahrhundert) oder „online“ kennenlernten. Sie alle standen immer wieder unter Beobachtung, mussten Misstrauen ertragen und üble Nachrede in Kauf nehmen. Man redet über sie, und sie redeten nicht über sich.
Ich erinnere nur daran, dass man die „späten Ehesuchenden“ oft auf „Resterampen“ vermutet – also Menschen, denen aus vielerlei Gründen nachgesagt wird, „übrig geblieben“ zu sein. Noch vor einem Jahr sprach ich einen jungen Rechtsanwalt, der sagte: „So nötig habe er es nun wieder nicht“, um sich auf die Ebene von Online-Dating herabzulassen. Ich kennen andere Akademiker (namentlich Frauen), die zwar den Weg über Medien gehen, dann aber ständig daran herumnörgeln.
Nörgelnde Akademikerinnen als Beispiel für Negativwerbung
Ist das etwa neu? Ein Großteil der Frauen, die einstmals über Anzeigen suchten, waren Akademikerinnen, und die meisten von ihnen waren, wie damals üblich, Lehrerinnen. Heute, so erzählt man mit ständig, hätten es weibliche Akademiker schwer bei der Partnersuche – fragt sich nur, ob dies so ist, weil sie Akademikerinnen sind oder weil sie ständig etwas am System des Partnermarktes zu nörgeln haben. Die meisten Frauen aus eher „bodenständigen“ Berufen nehmen das Leben, wie es ist, und nörgeln nicht, wenn ihr Wünsche nicht sofort befriedigt werden – Akademikerinnen schon.
Märkte: die Wiege der Ehe
Wenn wir Online-Dating mal von den Apps wie Tinder (und ähnlichen Auswüchsen) separieren und die gesamte Branche der offen oder verdeckten Sex-Portale wegnehmen, sehen wir klarer. Dann erkennen wir, wie wichtig es ist, für Partnerschaften, Ehen und Familien Grundlagen zu schaffen, und diese Grundlagen heißen Märkte. Woher die kommen, ob online oder offline, und ob sie digital oder analog funktionieren, ist in Wahrheit Pipifax. Es muss sie nur geben.
Eigenschaften anbieten – und hoffen, dass sie jemand brauchen kann
Was dort passiert, ist nichts wirklich Neues: Menschen bieten ihre Eigenschaften an, und hoffen, dass sie auf jemanden treffen, der genau diese Eigenschaften sucht. Das ist – zugegeben – etwas schwieriger als vor 50 oder gar 100 Jahren: Da suchten Frauen nach Männern mit Zukunft oder Vermögen und Männer nach Frauen mit sozialen oder erotischen Adern. Seit den späten 1970er Jahre hat sich dies verändert: Tatsächlich werden mehr und mehr partnerschaftliche Attribute gesucht, die beiden nützen, sei es intellektuell, finanziell, sozial oder emotional. Das ist an sich nicht negativ, sondern fördert die Entwicklung der Menschheit, solange nicht ausschließlich nach vorgeblicher „Augenhöhe“ und ähnlichem Tinnef gesucht wird,
Kein Wunder allerdings, dass es heute etwas schwieriger ist, den passenden Partner zu suchen: Es reicht einfach nicht mehr, wenn ein bäuerliches Fest ausruft und den Jungbauern die Mäuler mit Honig ausschmieren will: (Text aus dem Volkslied „Lütt Anna“)
Un künnt se nich küssen, so wüllt wi se lehrn,
wi wüllt se de Snuten mit Honig insmern.
Wer mit wem ins Heu ging, war ziemlich egal
Da war ziemlich egal, wer sich anschließend mit wem ins Heu zurückzog. Hauptsache es gab Paare. Und ich will’s mal so sagen: Verdammt, das ist auch heute noch die Hauptsache: Paare zu finden, die einander so ähnlich sind, dass sie einander ertragen können und dennoch so unterschiedliche Eigenschaften haben, dass sie daran wachsen können.
Heiraten für den Lebenskampf – denn der kommt zurück
Wer heute heiratet, sollte wissen, dass es jetzt überwiegend darauf ankommt, fest zusammenzustehen und die Gemeinsamkeit in Geld, Gut und Gefühlen zu wahren. Denn die Zeiten werden für uns alle nicht leichter, sondern härter. Wer heute unter 30 ist, muss damit rechnen, dass der Lebenskampf seinen Namen zurückbekommt. Und leider sind die jungen Leute kaum darauf vorbereitet. Im Grunde müssten wie sagen: Sucht minimale Gemeinsamkeiten, aber baut sie zu einem Bollwerk aus, das Stürmen standhält. Stattdessen erleben wie, dass maximale Gemeinsamkeiten gesucht werden, die aber nicht auf Dauer halten. Schade eigentlich, nicht wahr? Und wenn ich dann noch von ein paar Spinnern aus der Psycho-Branche höre, dass „gemeinsame Hobbys“ und Larifari gleicher Qualität (Musikgeschmack, Lesegewohnheiten) „sehr wichtig wären“, dann gehen mir die Zehennägel hoch. Solche Leute sind indirekt dafür dafür mitverantwortlich, dass kaum noch jemand seinen Lebenssinn sucht, sondern sich alle in Banalitäten suhlen.
Mein Interesse an Ihnen
Was ich will? Ich habe ein Interesse daran, dass sie glücklich werden. Denn je mehr glückliche und zufriedene Menschen es gibt, umso weniger laufen den Rattenfängern nach. Und allein die wäre schon ein Grund für mich, auch morgen für die Liebe zu kämpfen.