Sollte es ethische Pornografie geben?
Sollte es ethische Pornografie geben? Kann es sie überhaupt geben? Ja, sie könnte es geben. Aber dann müssten wir alle umdenken und das Genre aus der Schmuddelecke holen.
Dem Reinen ist zwar alles rein – aber er sieht doch die Grenzen, die sich für Darsteller(innen) ergeben, die sich dem pornografischen Film verschrieben haben.
Der Unterschied zwischen der geschriebenen und künstlerisch dargestellten Pornografie und dem Film liegt in Widerspruch zweier Welten. Der Roman kann so absurd sein, wie er eben geschrieben wurde, aber er ist immer rein, weil er die Handelnden nicht entwürdigt oder gar verletzt. Wenn sich jemand verletzt, dann an den eigenen Vorstellungen, die er aus den einzelnen Kapiteln im Gehirn entwickelt. Der heutige Film hingegen kann nur das darstellen, was körperlich möglich ist. Und je mehr gefordert wird, umso mehr werden die Schauspieler(innen) dabei körperlich beansprucht – vom reinen Geschlechtsakt bis zu den härtesten SM-Aktvitäten.
Es ist demnach schwer, ethische Pornografie filmisch umzusetzen: legale Aktionen? Das sieht kaum jemand Probleme – wenn festgestellt ist, dass die Darsteller(innen) volljährig sind, freiwillig und in Übereinstimmung mit allen Beteiligten ihre Arbeit tun – da wird sich kaum jemand beklagen. Und dennoch ist nicht einmal dies sicher. Und gute Arbeitsbedingungen? Man dreht zumeist mit einem Mini-Budget, und da bleibt nicht viel Geld für Komfort. Doch das Schwierigste schient zu sein, die Fantasien nicht vollständig abzuklemmen, sondern noch Raum für eine eigene Sichtweise zu lassen. Das allerdings ist ein Problem, das für jeden Film zutrifft. Dem Film wird immer wieder nachgesagt, die Fantasien zu töten und Scheinwelten aufzubauen, die nahezu realistisch sind. Gerade beim „Realistischen“ und „Machbaren“ scheiden sich die Geister, denn manchmal sind die Darstellungen zu „geschönt“ (beispielsweise bei Analsex, Fellatio oder Orgasmen). Und dann wieder sind sie zu realistisch, ja geradezu brutal: etwas bei SM-Filmen aus Osteuropa, Besamungen aus Japan oder „Rudelbumsen“.
Im Kriminalfilm wird alles, was realistisch sein könnet, und abstoßend wirken könnet, durch Effekte ersetzt. Die Darsteller, meist hoch bezahlt und deshalb äußert wertvoll für die Produzenten, werden nicht wirklich gedemütigt, gequält oder gezwungen, gefesselt oder geschlagen. Sehen wir auf die andere Seite, auf die Romane, so zeigt sich das Geschehen oftmals ganz anders. Dort werden Qual und Demütigung oftmals im Detail nachgezeichnet, und wie stark den Leser dies berührt, ist allein von seinem Gehirn abhängig. Auf der anderen Seite schließen wir bereits die Augen, wenn im Krimi Kunstblut fließt und Menschen mit Füßen getreten werden – obgleich wir wissen, dass die teuren Seriendarsteller nicht wirklich traktiert werden.
Es ist also wahr: Pornos können verdammt unethisch sein, und dies nicht nur, wenn sie in Grenzbereich vordringen. Aber sie könnten durchaus auch ethischer gestaltet werden, denn der eigentliche Grund, warum die Ethik in der Handlung fehlt, liegt am System „Pornofilm“, das bei schlechten Drehbüchern beginnt und beim aufgegeilten Rezipienten endet. Denn er ist letztlich dafür verantwortlich, dass nur die Stellen erlebt werden, in denen nichts gesprochen wird.
Nun wissen wir, dass Krimis mittlerweile in einer Art inszeniert werden, die den Kriminalfall in den Hintergrund drängen. Stattdessen erleben wir die Sicht auf Straßenzüge, erleben den trostlosen Alltag der Ermittler, sieht, wie sie Auto fahren und gelegentlich auch mal andeutungsweise die Falschen vögeln. Wir haben und daran gewöhnt, mit Nichtigkeiten zugedröhnt zu werden und nehmen dies in kauf, weil vielleicht ein gefühltes Viertel des Films spannend ist.
Könnet wir das nicht in „ethischer Pornografie“ ähnlich empfinden? Besser bezahlte Autoren, Regisseure und Akteure? Förderung mit öffentlichen Geldern, wie bei den Kriminalfilmen?
Oh nein – nicht doch. Wie konnte ich nur solche einen Vorschlag unterbreiten – schließlich würde diese Filme, wenn überhaupt, nur ein Fernsehpublikum beglücken, das nach 23 Uhr noch nicht in den Betten ist, nicht wahr? Und ich höre schon die Stimmen, die den Teufel an die Wand malen – Verrohung, Verderbnis und Sünde. Na bitte – und weil das so ist, wird wohl alles bleiben, wie es ist: Porno ist gleich unethisch, und unethisch ist gleich pfui Teufel.
Gut soweit – und was meinen Sie?
Bild nach einer Zeichnung von Black als Illustration eines erotischen Buches .
Weiterlesen: ABC.net und Vice.