Der Sklavenvertrag – wem nützt er und warum?
Wundern Sie sich über das Thema? Führen Sie die „Shades of Grey“ und das Online-Dating zusammen, dann haben sie die „ideale“ Basis, um leichtgläubige Personen zu Sklavenverträgen zu überreden. Wem also nützt der Sklavenvertrag und warum?
Der Sklavenvertrag ist nicht neu. Er ist sogar in die Literatur eingegangen, und zwar in den berühmten Roman „Venus im Pelz“ von Leopold Ritter von Sacher-Masoch. Der Held Severin, der sich der schönen Wanda rückhaltlos unterwerfen will, soll dies jedoch nicht einfach in einer Art „Rollenspiel“ tun. Masoch lässt Wanda sagen: „Sobald ich (deine Fantasien) ausführe, kann ich doch nicht beim Scherze stehen bleiben. Du weißt, wie verhasst mir jedes Spiel, jede Komödie ist.“
Die Sicht der Herrin im Roman – Wanda
Damit ergeht es Wanda nicht anders als vielen anderen Frauen und Männern, die sich dem Spiel mit Schmerz und Lust hingeben. Es soll mehr als ein bloßes „Necken mit dem Schmerz“ sein, aber es soll auch nicht zu einer reinen „Komödie“ verkommen, in der die Herrin oder der Herr heimlich über das Geschehen grinst. Der „kick“ liegt ja darin, ganz in der Rolle aufzugehen und sich tatsächlich emotional in die Rolle zufügen. Das ist, soweit Berichte vorliegen, für die Unterwürfigen einfacher als für diejenigen, die sich als Herrin oder Herr verwirklichen wollen.
Die Sicht heutiger Rollenspieler
Zwar werden viele vorübergehend zu konsequenten Sadisten, wenn diese Rolle von ihnen gefordert wird, doch haben die meisten zugleich Skrupel. Man stelle sich das Szenario vor: Der Strafende sieht und hört das Leid, und muss dennoch auf Geheiß des Opfers mit der Pein fortfahren. Dieser Umstand erfordert ein tiefes Abtauchen in die Rolle, und wer kein überzeugter (und überzeugender) Spieler ist, kann die Rolle nicht ausfüllen. Selbst „professionelle“ Herrinnen und Herren verzweifeln manchmal daran.
Der Sklavenvertrag – Wundsalbe für das Gewissen?
Der Sklavenvertrag soll die Herrin oder den Herrn davon befreien, Skrupel zu haben. Wenn es denn der erklärte, geschriebene und unterzeichnete Wille der Sklavin oder der Sklaven ist, sich zu unterwerfen, so kann sich die Herrin oder der Herr zurücklehnen und sich sagen: „alles in trockenen Tüchern – des Menschen Wille ist sein Himmelreich.“
Verträge, um Macht zu gewinnen?
Ganz anders verhält es sich freilich, wenn der Sklavenvertrag auf Druck der Herrin oder des Herrn geschlossen wird, mit dem einzigen Ziel, Macht über einen anderen Menschen zu gewinnen. Dann will man ihn sozusagen damit zu erpressen, doch bitte in ihre/seine sadistischen Gelüste einzuwilligen.
Seit die „50 Shades of Grey“ in aller Munde sind, häufen sich offenbar Anfragen an Berater, ob es gut und richtig sie, Sklavenverträge einzugehen – überwiegend von Frauen, die such unterwerfen wollen/sollen. Eine entsprechende Anfrage schaffte es sogar in „Brigitte-Forum“.
Die Züchtigung von Bediensteten war übrigens bis weit ins 19. Jahrhundert hinein das gute Recht der Dienstherren, was vielen heute befremdlich erscheint. Insofern ist die „vertragsmäßige“ Züchtigung in dem 1870 erschienenen Werk Sacher-Masochs nicht so absonderlich, wie sie zunächst erscheint.
Ganz allgemein (und völlig unabhängig von juristischen und moralischen Fragen) ist ein Sklavenvertrag allerdings immer fragwürdig. Welches gewöhnliche Paar käme schon auf die Idee, in einem Vertrag mit dem Partner oder der Partnerin festzulegen, wie oft und in welcher Weise der Geschlechtsverkehr auszuführen sei? Doch die Welt der d/s Beziehungen spricht gerne ihre eigene Sprache – und befürwortet deswegen oft auch den Sklavenvertrag. Die Bloggerin Kaya Lords hat viele Argumente gesammelt, die gegen einen Slavenvertrag sprechen, und rät: „Denke darüber nach, aus welchem Grund du diesen Vertrag willst.“
Denn eigentlich gib es keinen Grund, mit einem anderen Menschen Unterwerfungsverträge zu schließen.
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Bild: Nach einer historischen Illustration.