Singles: Ausgesondert oder verherrlicht?
Manche Singles werden sich freuen, wenn sie von einer gewissen Bella DePaulo hören. Die Dame ist Wissenschaftlerin und hat das getan, was Wissenschaftler üblicherweise tun, wenn sie mal richtig Kohle machen wollen: Sie hatte 2007 ein spektakuläres Buch geschrieben, von dem sie behauptete, dass es auf ihren Forschungen basiere. Der Titel ist lang:
“Singled Out: How Singles Are Stereotyped, Stigmatized, and Ignored, and Still Live Happily Ever After”
Es ist ein Loblied auf den Single und zugleich ein Angriff auf die Gesellschaftsordnung in den USA, die Ehepaare angeblich gegenüber Singles bevorzugt.
Weil auch das populärste Buch irgendwann einmal einen Nachfolger braucht, hat sie 2015 dann ein neues Buch veröffentlicht, wieder mit einem Bandwurmtitel:
Marriage vs. Single Life: How Science and the Media Got It So Wrong
Was sie uns sagen will, ist zwar dasselbe, aber anderes: Sowohl der Wissenschaftsbetrieb (dem sie ebenfalls angehört), wie auch die Medien (der Feind wir schon auf dem Titelbild deutlich) sehen alles ganz falsch.
Wer trägt die Schuld an der Desinformation: Wissenschaftler oder Medien?
Höre ich da „Lügenpresse, Lügenpresse?“ Sicher ist: Die Presse ist längst zur willfährigen Hure der Geisteswissenschaften geworden. Aber das gilt für ihre gesamte Bandbreite und beruht darauf, dass Redakteurinnen und Redakteure oftmals dazu gedrängt werden, den Unsinn zu veröffentlichen, denn die Quellen gelten als verlässlich.
Also: Nicht die Medien sind ursächlich schuld an dem Bullshit, der unters Volk kommt, sondern die Wissenschaftler. Denn ohne die Medien wären Geisteswissenschaftler heute kleine, oftmals kaum mehr beachtete Rädchen in einem riesigen Forschungsbetrieb, in dem sich die Unterschiede zwischen Sinn und Unsinn immer mehr verwischen. Und natürlich hilf Publicity beim Verkauf der eigenen Bücher.
Single-Verherrlichung ohne Sinn
Was will die Single-Verherrlicherin Bella DePaulo?
Sie sagt es ein einem Satz:
Als Single zu leben erlaubt es ihnen, die beste, erfüllendste Version ihres Lebens zu leben. So authentisch und wertvoll, wie sie es sich vorstellen.
Das ist –wie man deutlich erkennen kann – ein Mantra, aber keine Tatsache. Und in dieser Form geht es auch gleich weiter, denn Frau DePaulo bestreitet, dass Menschen in Beziehungen glücklicher Leben als Singles. Von der Wissenschaft würden immer nur diejenigen befragt, deren Ehe gehalten habe, während die Geschiedenen den Singles zugerechnet würden. Und überhaupt – ist die Scheidungsrate nicht der Beweis dafür, dass Ehen nicht so glücklich machen, wie behauptet wird?
All das klingt eher nach einer Kampagne als nach seriöser Forschung. Wobei der Begriff „seriös“ natürlich dehnbar ist. Wer die entsprechenden Wörter wie „Glück“ und „Liebe“ beliebig lang und breit ziehen kann, kann sie auch mit beliebigen Zielen „beforschen“.
Und dann heißt es eben:
Singles haben ein anderes, breiteres Verständnis für Beziehungen und Liebe, deshalb stehen sie ihren Freunden und Verwandten, aber auch Nachbarn und Bekannten oft näher.
Gut – und was lernen wir daraus als Singles und als Verheiratete?
Sollen sich Singles also ein „Breites Verhältnis für die Liebe“ ausdenken? Ein bisschen herumferkeln mit Liebe: Hier ein bisschen trösten, dort ein bisschen vögeln? Hier ein Blümchen schenken, dort eine Grabrede halten?
Wenn Sie meinen, dass dies so gut und richtig ist, dann kann ich Sie nicht daran hindern. Aber eines kann ich Ihnen verraten: Synergien, die aus Zweierbeziehung erwachsen, entstehen dadurch nicht. Sondern nur ein zerklüftetes, unzuverlässiges pseudo-soziales „Netzwerk“, in dem gerade die Interessen verwirklicht werden, die jemandem gerade in den Kram passen.