Gibt es Liebeszauber?
Gibt es Sexualmagie? Ist Liebeszauber real? Warum glauben Menschen, dass sie andere verzaubern können oder selbst verzaubert wurden? Dieser Artikel ist ein Essay. Ich habe bewusst auf das Zitieren von Quellen verzichtet, um meinen Gedanken freien Lauf zu lassen, mich aber an zahlreichen Quellen orientiert, die frei zugänglich sind.
Wenn die Liebe eine so große Macht ist, dass Menschen dafür ihre Existenz auf Spiel setzten, schwere Verluste in Kauf nehmen oder gar aus Liebe sterben, dann muss sich dahinter eine riesige Kraft dahinter verbergen. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein beruhte die gesamte Lehre über die Kraft der Liebe auf Annahmen. Das war auch bei den frühen Psychoanalytikern der Fall, die ebenfalls eher mit Philosophie, Mystik und unscharfen Beobachtungen versuchten, an das Phänomen der Liebeswut heranzureichen. Erst das Zwanzigste Jahrhundert brachte etwas Licht in die Geheimnisse der Lust, als die ersten „Nervenbotenstoffe“ oder „Neurotransmitter“ entdeckt wurden. Zwar weiß man seither, wie rauschhafte Liebeszustände entstehen, aber man weiß nicht genau, warum sich die Botenstoffe individuell so unterschiedlich auswirken. Letztendlich weiß man also bis heute nicht genau, was nötig ist, um einen Menschen aus dem Normalzustand in einen Liebesrausch zu versetzten, und wie der Übergang vom Liebesrausch zum Liebeswahn funktioniert.
Ist die Quelle der Magie Unwissen?
Das Unwissen der Vergangenheit ist im Wesentlichen verantwortlich für die Kulturen und Unkulturen, die wir Menschen um die Lust herum aufgebaut haben. Dabei spielte in der Esoterik der Glaube eine große Rolle, es müsse Möglichkeiten geben, die mystische Kraft der „Liebe“ zu lenken. Esoteriker sind der festen Überzeugung, es gäbe geheime magische Kraftquellen, und sie sind sich sicher, dass man auf diese auch einwirken könne, wenn man bestimmte „Gaben“ habe. Diese Kraftquellen, seinen sie „gut“ oder „böse“, erschließen sich den Menschen aber nur, wenn sie sich geheimnisvollen Zirkeln anschließen, bestimmten Ritualen teilnehmen oder „geheime Quellen“ studieren – so sagen es die Esoteriker.
Sich okkulter Kräfte bedienen – Frevel oder Chance?
Wie Sie alle aus einschlägigen Werken, mindesten aber aus Goethes „Faust“ wissen, gibt es nach Ansicht der Okkultisten Mittel und Wege, sich dieser Kraft zu bedienen. Die Kraft selbst, also „das Übersinnliche“ ist nicht exakt definieret, und es wird nicht behauptet, dass man diese Kraft tatsächlich selbst in Händen hält. Vielmehr sagen die Anhänger des Okkultismus, die genaue Kenntnis der magischen Quellen und der Rituale würde dazu führen, Menschen von deren Einfluss abzuschirmen abschirmen oder sie auf Menschen zu konzentrieren, sodass sie den Einflüssen erliegen.
Der Liebeszauber hat noch eine Besonderheit: Magie und manches Ritual (z. B. Voodoo) erzeugt ekstatische Zustände, Visionen, rauschhafte Vorstellungen, Verwirrungen und rational unerklärbare Erfahrungen. Genau dies ist auch mit Religion, künstlichen Rauschdrogen und natürlichen Körperdrogen möglich, sodass die Parallelen zum Glauben wie auch zur Natur deutlich werden. Wenn es also möglich ist, einen Menschen durch körpereigen Drogen, völlig zu verwirren, dann ist es theoretisch auch möglich, ihn mit andren Mitteln (Rauschdrogen, Beschwörungen) in Verliebtheitszustände hineinzuversetzen.
„Sexualmagie“ ist eigentlich nicht Besonderes – nur ist die keine Magie
Sexualmagie, wie der offizielle Name heißt, ist also möglich, wenn es gelingt, einen Menschen mit innerer Bereitschaft, einer Tendenz zu rauschhaften Bewusstseinszuständen und nicht zuletzt äußerlichen Reizen in einen Zustand der Leidenschaft zu versetzen. Wir wissen im Grund ja, dass die Bereitschaft zur Lust oftmals vorhanden ist, uns aber gewisse Hemmungen und Rituale auferlegt sind, um sie auch in den Vordergrund zu drängen.
Wenn Sie auf einer Party eine bezaubernde Frau kennenlernen, die Ihnen auch eine gewisse Bereitschaft signalisiert, dann sagen Sie ja nicht: „Ach, würden sie jetzt gerne mit mir ins Bett gehen?“ Vielmehr beginnen Sie vermutlich einen verfänglichen Flirt. Sie hoffen, dass dies der „Liebeszauber“ ist, der nun eine gewisse Bereitschaft in ihr freisetzt. Damit haben sie nicht unrecht, denn der Körper des Menschen ist stets auf Lust eingestellt, aber nicht permanent bereit, sie auch auszuüben. Der Flirt überwindet die ersten Hürden und pumpt einschlägige Botenstoffe ins Blut, die die Wirkung Ihrer Worte verstärken. Noch immer auftretende Hemmungen werden dann in der Regel mit ein paar Gläsern Sekt heruntergeschraubt – und am Ende steht der Lust nichts mehr im Wege.
Wirkt Liebeszauber?
Also besteht der Liebeszauber aus drei Komponenten, die immer wieder wirksam werden:
1. Die Bereitschaft, sich dem Zauber auszusetzen.
2. Die körpereignen Drogen, die auf allerlei Art aktiviert werden können.
3. Weitere Drogen, im Alltag meist Alkohol, die Hemmungen verschwinden lassen.
Selbstverständlich würden die Anhänger des magischen Liebeszaubers solche Argumente nicht gelten lassen. Sie bauen entweder auf Rituale oder auf Wirkstoffe, die das Verlangen nach Sex verstärken und zugleich Hemmungen abbauen. Ob sie mehr in die eine oder mehr in die andere Richtung wirken, mag strittig sein – Tatsache ist jedoch, dass die „Leichtigkeit des Handelns“ auch durch chemische Mittel erreichbar ist.
Jemanden „verliebt machen“ durch Magie?
Beim Liebeszauber spielt allerdings auch die Frage eine Rolle, ob sich eine Person ohne psychische, rituelle oder stoffliche „Behandlungsmethoden“ in einen Liebesrausch versetzen lässt. Dies würde voraussetzen, dass sich eine Person ohne jede Manipulation von außen einfach aufgrund eines „Liebeszaubers“ in einen anderen Menschen verliebt, der dazu einen Auftrag gegeben hat. So absurd die Frage auch klingt – sie wird tatsächlich gestellt, und man versucht bei extremen Esoterikern gelegentlich, sie mit den Methoden des Voodoo-Zaubers zu begründen. Wie Voodoo funktioniert, ist zwar nicht genau geklärt, doch ist bekannt, dass die intensivste Beeinflussung bei Personen erzielt wurde, die an heftigen magischen Ritualen teilnahmen, die eine Art Trauma erzeugten.
Die modernere Form von unbewiesenem „Liebeszauber“ besteht darin, auf sogenannte Pheromone zu vertrauen, die tatsächlich existieren, deren Wirkung aber völlig überschätzt wird. Sollten sie überhaupt wirksam sein, muss man die Personen relativ eng zusammenbringen, Fremdeinflüsse ausschalten und zusätzliche Körperreize verwenden.
Verwirrung durch Liebe ist natürlich
Wer auch nur einmal im Leben erlebt hat, wie alle rationalen Argumente von einem Moment auf den nächsten fallen, wird wissen, dass unser Gehirn manchmal „Bocksprünge“ veranstaltet, die unerklärbar sind. Anzunehmen ist, dass dieser Zustand naturgegeben und oftmals nicht zu beeinflussen ist. Die Suche nach Ursachen dieser zeitweiligen Verwirrtheitszustände ist müßig, weil sie nicht nachvollziehbar sind – aber man weiß hernach doch, dass solche Zustände nicht eindeutig von „etwas“ oder von „jemandem“ beeinflusst wurde. Das Gehirn ist kompliziert und folgt nicht immer dem „freien Willen“, sondern orientiert sich eben auch an bilogischen Notwendigkeiten. Und der Teil, der unsere Sexualität steuert, ist auf Hemmungslosigkeit programmiert – mit einem gewissen Schutz davor, das Falsche zu tun – aber der hält nicht immer und überall.
Für die meisten Menschen ist die sexuelle Lust ein interessantes, erregendes, aber nicht ungefährliches Spiel zwischen der natürlichen Lust und den Konsequenzen, die sexuelle Ziellosigkeit nach sich zieht. Sexualmagie entsteht immer dann, wenn die Hürden fortgenommen werden – zumeist in einer sicheren Umgebung, die sich legale und illegale Paare schaffen oder die in Gruppen zelebriert werden.
Selbstverständlich gibt es Personen (gerade solche, die Magie, Voodoo oder „Hexenkünste“ praktizieren oder verinnerlicht haben), für die der Liebeszauber mehr ist. Aber auch sie sollten wissen, dass auf ganz gewöhnliche Menschen nichts so gut wirkt wie die Methode, sich selbst positive Ereignisse zu prophezeien. Und das ist oft schon die ganze Magie beim „weißen“ Liebeszauber.