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Die Verschnulzung der Liebe – 1906 wie 2016?

Liebe als Kitsch - 1913

Liebe als Kitsch – 1913

Beinahe wäre diese Seite heute leer geblieben, denn um über die Liebe, die Lust oder gar den Sex zu schreiben, ist es einfach zu heiß. Soll ich mich heute den Braven zuwenden, die sich sich ein schönes Leben an der Seite eines liebevollen Menschen wünschen? Oder den Mutigen, die das Abenteuer wechselnder Beziehungen und erotischer Eskapaden suchen?

Ich glaube kaum, dass es viele Menschen gibt, die voller erotischer Sittsamkeit oder jungfräulicher Seelenreinheit interessiert, wie sich das Beziehungsglück erreichen, bewahren oder gar optimieren lässt. Wenn es so wäre, könnte ich einfach aus meiner Sammlung von Erbauungsliteratur aus den 1900er Jahren schöpfen, die stets mit dramatisch-romantischen Liebeschnulzen begannen, gefolgt vom „Informativen“ und schließlich vom „Mannigfaltigen“.

Die Heirat als höchstes Glück für die Frau, gefeiert in einem seligen Rausch in Weiß, und so aufwendig, wie des Vaters Geld reichte? Ich lese gerade von der Romantik des Heiratsantrags. Ach, wie süß! Ich lese, wie sich eine Frau nach dem perfekten Heiratsantrag sehnt – nicht 1906, sondern 2016. Es geht auch eine Nummer kleiner, aber kaum weniger schwülstig (Zitat):

Zwei Menschen, die einen großen Moment gemeinsam erleben, da wird alles andere nebensächlich.

Gibt es etwa Parallelen zwischen der durch Mitgift verhökerten Tochter von 1906 und der vorgeblich emanzipierten Frau von 2016? Wischen beide die Realitäten weg, um in Träumen zu schwelgen? Sicher – die Tochter von 1906 hatte andere Gründe, in romantischen Illusionen zu verfallen: Sie wurde vom Vater durch Mitgift endlich verhökert, und die Romantik war ihr Trost für das unromantische Schicksal. Im Gegensatz dazu steht die pseudo-emanzipierte Frau von 2016: Sie stellt knallharte Ansprüche an das Leben und versucht, sich selbst so teuer wie möglich zu verhökern, um den besten Mann zu kriegen, den sie haben kann. Das ist natürlich nicht sonderlich romantisch – aber ein Grund, um unerfüllbaren romantischen Träumen nachzuhängen.

Einspruch?

Ja – auch die Realität kann romantisch sein. Und ja – es gibt wunderschöne Momente im Leben junger Paare, an die man sich noch ewig erinnert.

Und nein – diese Momente sind nicht planbar. Ebenso wenig, wie Krisen voraussehbar sind. Das Leben folgt anderen Gesetzen als denjenigen, die sich Träumer geben.

Und die Lebenshilfen für das Beziehungsglück? Sie fallen, genau genommen, in die gleiche Kategorie: Sie sind nichts als Sand in den Augen von jungen Frauen, die an Esoterik, Märchen und Psychologie als Lebenshilfen glauben.

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