Ist es noch Liebe, nur noch Hingabe oder schon Perversion?
Gäbe es eine verbindliche Richtlinie für das, was aus Liebe erlaubt oder verboten wäre, könnte ich Ihnen genau sagen, was eine „Verkehrung“ (Perversion) oder „Abweichung“ (Paraphilie) ist. Es gibt durchaus verschiedene Sichtweisen, die in etwas festlegen, was „normal“ ist, doch auch sie unterliegen dem Wandel. Schon unsere tief verwurzelte Basisreligion, die auch in Atheisten weiter wirkt, kennt keine Eindeutigkeit, sondern nur Interpretationen. Zwar glauben viele Menschen, aus „der Bibel“, wie sie das nennen, ethische Grundlagen für die Sexualität ablesen zu können – aber es ist leicht beweisbar, dass die weitaus meisten davon „aus den Fingern gesogen“ wurden. Also: Fehlanzeige.
Möglich wäre, einen puristischen biologischen Ansatz zu wählen, der auch im Katholizismus nicht unbekannt ist: Da die Sexualität der Zeugung dienen sollte, ist alles gut, was diesen Zweck erfüllt: penetrativer Sex.
Gewöhnlicher Sex und Ehe – ist dann alles in Ordnung?
Doch beide Ansätze erfüllen nicht den Wunsch der Menschen nach der möglichst vollständigen und umfassenden Befriedigung der Lüste. Frauen, so sagen uns die meisten Biologen und Sexologen, kommen alleine durch Penetration selten zum Orgasmus, weil der dafür zuständige Sensor dabei keine ausreichend starken Signale empfängt, die er ans Gehirn weitergeben kann, um den Orgasmus auszulösen. Feministisch ausgerichtete Forscherinnen sagen sogar dazu, dass es keine „vaginalen Orgasmen“ gibt. Ich lasse den Denkfehler einmal stehen, der ihnen dabei unterlaufen ist.
Männer hingegen haben seit der Pubertät erfahren, dass alles, was ihre eignen Orgasmen betrifft, in heftigem Reiben liegt, auf das eine kurze, blitzschnelle Entladung folgt – ein kurzes Vergnügen. Später erkennen sie manchmal, dass es schickere, lustvollere und intensivere Orgasmen gibt – und zumeist ist daran eine „liebeskundige“ Frau beteiligt.
Ob, wann und wie Frauen und Männern entdecken, dass es Luststeigerungen gibt, ist abhängig von Mut, Gelegenheit und Zufall – und selbstverständlich vom Partner, mit dem sich die „Abweichungen“ verwirklichen lassen.
Worin liegen die Abweichungen?
Für die streng biologische Sicht wären alle Praktiken Abweichungen, die nicht auf penetrativem Sex beruhen, für die katholische Kirche auch solche, die vor oder außerhalb der Ehe vollzogen werden.
Der Genuss der Körpers ist bereits umstritten
Die häufigste Abweichung aus der Sicht der Moralapostel ist sicherlich der Genuss des Körpers, sei es in der Masturbation oder im gegenseitigen Austausch von intimen Berührungen und oralen Genüssen, die sich die Geschlechter gegenseitig zukommen lassen. All diese Abweichungen sind jedoch so üblich, dass sie kaum jemand als „Perversion“ oder „Paraphilie“ bezeichnen würde. Etwas anders sieht es bei intensiven manuellen oder analen Genüssen aus, wobei besonders Letztere umstritten sind, vor allem bei der passiven Variante.
Streitthema gleichgeschlechtliche Liebe
Gleichgeschlechtliche Lust, das Lieblingsthema der Psychiater und Psychologen im 19. und im beginnenden 20. Jahrhundert, hat sich bei Frauen tendenziell eher zur Normalität, bei Männern zum akzeptierten oder jedenfalls geduldeten Sexualverhalten entwickelt. Dabei wird jedoch kaum zwischen Homosexualität als solcher und homosexuellen Handlungen getrennt.
Modebegriff „Sadomaso“
Schwieriger zu beurteilen sind diejenigen Abweichungen, in denen mit der Macht und der Beherrschung, der Strafe und der Duldung von Einschränkungen gespielt wird, und die heute als „Sadomaso“ vermarktet werden. Ähnlich problematisch erscheint den meisten Autoren der Fetischismus, der sich als Pseudo-Fetischismus auch im Tragen bestimmter Stoffe, wie Latex, Leder oder Pelz bei der Liebe zeigt.
Genuss ohne Schaden – die beste Formel für die Liebe
Wer die Frage, ob Liebende genießen dürfen, mit „Ja“ beantwortet, müsste eigentlich jedem Genuss zustimmen, gleich, woher er gewonnen wird – jedenfalls, solange beide Partner Vergnügen daran haben oder dies aufgrund eines Arrangements tun. Solange die Lust also einen Genuss oder wenigstens eine emotionale Sensation erzeugt, sollte also der „einvernehmlichen Paraphilie“ als „Spielart des Sexuellen“ nichts im Wege stehen.
Die Grenze verläuft eindeutig dort, wo sich einer der Spieler selbst schädigt oder in einer Weise geschädigt wird, die nicht mehr seinem freien Willen entspricht.
Interessant wäre, was Sie dazu meinen – woher beziehen Sie ihr Normen und Grenzen? Wie und wann haben sie erkannt, dass sie bereit sind, Grenzen hinter sich zu lassen? Und würden Sie anderen diese Ernährungen empfehlen oder nicht?