Beruf, Liebe, Sex – alles im Rahmen?
Manches ändert sich nie – vor vielen, vielen Jahren, so gegen 12 oder 13, beginnen die lieben Verwandten neugierig zu fragen, ob der Jüngling denn schon weiß, was für einen Beruf er mal ergreifen will, und ob er schon „eine Freundin hat“. Neugierig beobachten sie das linkische Verhalten gegenüber dem weiblichen Geschlecht: lächeln manchmal, ängstigen sich dann wieder, und schauen, ob der Junge auch hart und stolz für den Lebenskampf bereitsteht.
Sicher, die Dinge haben sich ein wenig geändert. Mädchen und Jungen werden auf ähnliche Wiese nach ihren Berufswünschen gefragt – geradezu so, als ob sich diese niemals korrigieren ließen. Eltern und Großeltern sind offenbar noch kritischer gegenüber den „Schulischen Leistungen“, die immer mehr zum Götzen hochstilisiert werden – geradezu so, als ob die Schule immer richtiges und notwendiges Wissen vermitteln würde. Und dann der Abschluss … mindestens ein Zweier-Abitur. „Sonst musst du im Supermarkt an die Kasse“, sagt man den Mädchen und den Jungen, sie könnten bestenfalls noch Müllmann werden. Und immer noch erwartet man von Jungen Härte und Stolz und von den Mädchen Freude an der Präsentation des Körpers, an Mode und liebevollen Handlungen. Bliebt die Sorge um die sexuelle Orientierung – je konservativer die Familie, umso mehr Sorgen. Und auch dies hört niemals auf: Wir versuchen, herauszufinden, ob die Jugendlichen Liebe und Sexualität in „anständiger Weise“ unter einen Hut bringen. Wehe, wenn sie das eine vom anderen zu isolieren versuchen.
Wir lassen uns Rahmen aufzwingen, die unsere Möglichkeiten einschränken
Was das Gute daran ist, mag jeder selbst entscheiden. Das Schlechte daran: Wir werden als Jugendliche aufgefordert, die Vielfalt unserer Möglichkeiten zu beschränken. Wir werden aufgefordert, uns relativ enge Rahmenbedingungen zu geben, unter denen wie leben sollen.
Noch schlechter ist freilich, wenn wir die Rahmen verinnerlichen und als notwendig erachten. Wenn wir die Rahmen nicht sprengen mögen, weil wir uns dann hilflos fühlen.
Sprachen sind oft wichtiger als ein Studium
Dabei kommt mir der Rat in den Sinn, den man mir selbst als Jugendlicher gab, und der sich als richtig erwiesen hat: Erst einmal irgendeinen Brotberuf zu lernen. Wenn Sie sprachbegabt sind, lernen sie so viele Fremdsprachen wie möglich. Das ist wesentlich interessanter für Ihr Fortkommen als die Frage, ob sie Jurist oder Koch werden wollen. Soweit zum Beruf. Sie können fast alles „werden“, außer in den wenigen Berufen, in denen ein „klassisches“ Studium unerlässlich ist.
Den Rahmen für die Liebe zu stecken, ist wesentlich schwieriger. Sie sind darauf angewiesen, dass sich ein anderer Mensch findet, der sich Ihnen zuwendet. Wenn Sie viel Glück haben, ist es ein etwas gleichaltriger, hübscher, kluger und treuer Mensch. Und wahrscheinlich werden Sie zu Anfang recht viel Sex mit ihm haben. Es ist nicht falsch, so zu leben, und es kann glücklich machen.
Lüste lassen sich aufspalten
Was, wenn sich dieser Mensch nicht findet, oder jedenfalls nicht „zeitgerecht“? Dann müssen Sie wohl oder übel ihre Lüste aufspalten: Für Ihre Bedürfnisse nach Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit ist es am schwierigsten. Viele Frauen in mittleren Jahren behaupten heute, dass ihre „Freundinnen“ sie in manchen dieser Bereiche auffangen würden, und neuerdings fühlen sich Männer angeblich in der Gesellschaft von Männern am wohlsten. Doch sind dies die Bedingungen, die Sie sich wünschen? Führen diese Frauen- und Männercliquen nicht eher zur Radikalisierung? Der Ausgleich der Gefühle, der zwischen Frauen und Männer auch im außersexuellen Bereich so erfolgreich ist, findet dort nicht statt.
Kompromisse der Lust: Kuscheln hier, Sex dort
Wenn Sie den Rahmen nicht so eng stecken, werden Sie finden: Schöne Gefühle gibt’s auch, wenn der Mensch nicht von ähnlichem Alter ist, nicht so hübsch, nicht so klug und nicht so treu. Sie werden sehen, dass Sie auch im spielerischen Bereich Geborgenheit erleben können, auch wenn dies vielleicht nicht ideal ist. Manche Personen, unter ihnen viele beruflich stark geforderte Frauen, haben längst entdeckt, dass sie für unterschiedliche Bedürfnisse auch unterschiedliche Menschen bevorzugen. Ich behaupte nicht, dass dies ideal ist, und auch nicht, dass so etwas „auf ewig“ gut geht – aber es ist ein Weg, um mit Gefühlen umzugehen.
Reden wir mal kurz über Sex. Wirklich ganz kurz: Der „richtig schöne“ Sex mit einem Menschen passenden Alters und passender Herkunft mit allen Drums und Drans ist schwer zu bekommen. Und deshalb ist es tatsächlich so, dass mehr und mehr Menschen Sex und Liebe voneinander trennen können. Und nein, ich plädiere nicht dafür, aber es ist eine Tatsache. Selbst mit einem verliebten Hetero-Partner kann das Rollenspiel (zu dem man keine Liebe benötigt) eben nur auf Sex hinauslaufen. Und die vielen Frauen und Männer, die Solo-Sex betreiben, empfinden dabei auch keine Liebe, sondern nur sexuelle Lust. Und die Lust, auch mal in „Nachbars Garten“ Sex zu spüren? Sie nimmt einfach zu, ob wir so etwas nun mögen oder nicht.
Tipp: Schaffen Sie ihre Rahmen selbst
Um auf den Rahmen zurückzukommen: Schaffen Sie sich ihre Rahmen aus sich selbst heraus, dann sind Sie sicher, dass sie diesen Rahmen auch wollten. Immer, wenn Sie sich den Rahmen für ihr Leben von anderen errichten lassen, verlieren Sie die Möglichkeiten, ihr Leben zu erweitern. Das war die Botschaft. Machen Sie etwas daraus – es ist nie zu früh, und sehr selten zu spät.