Tinder: Forscher verwirren mit kompliziertem Zahlenwerk
Zahlen aus der Sozialforschung sind oft schwer zu interpretieren, und oftmals ist man deswegen auf das Resultat angewiesen, das veröffentlicht wird. Prof. Wera Aretz, von der Hochschule Fresenius in Köln, veröffentlicht dieser Tage die Ergebnisse Ihrer Studie „Match me if you can„. Darin untersuchte sie, wie „verschiedene Zielgruppen“ die Smartphone-App Tinder nutzten und welchen Erfolg sie damit hatten. Das Ergebnis, zunächst im Original und ohne Zahlen:
In unserer Studie konnten wir jetzt noch mal ganz konkret zeigen, dass Frauen in erster Linie Ihre Bestätigung durch die Anzahl ihrer Matches und die Anzahl der Dates erlangen, Männer hingeben definieren sich in erster Linie durch ihre Sexualkontakte, die aus der Tindernutzung resultieren.
Einfacher gesagt: Frauen stellen ihren Marktwert über Tinder fest, Männer definieren sich vor allem darüber, wie oft sie vögeln durften.
So gesehen könnte man zur Tagesordnung übergehen und erst einmal „aha“ sagen, Vorurteile oder Evolutionspsychologen bemühen oder hämisch sagen „ach ja, das ist uns ja ganz neu.“
Singles – schlechte Aussichten auf dauerhafte Partnerschaften
Doch halt: Nehmen wir mal die Singles unter die Lupe. Wenn wir für einen Moment annehmen, Partnersuche sei eine ernste Sache und der Erfolg würde sich lediglich daraus ergeben, ob der Single am Ende zu zweit Tinder verlässt, dann kommen wir auf das, was uns eigentlich interessiert: die Erfolgsquote. Und die liegt mit 6 (in Worten sechs) Prozent entsprechend ganzer neun Singles (1) – und ist damit nicht eben hoch. Um es deutlicher zu sagen: Sechs Prozent der Singles, die innerhalb der Studie untersucht wurden, hatten tatsächlich Erfolg mit der Suche nach einem „festen Partner“ – was immer das Wort „fest“ dabei zeitlich und emotional bedeuten mochte.
Sexuelle Kontakte sind „leichter“ zu haben
Das ist nicht viel. Die Forscher haben nun allerdings festgestellt, dass sexuelle Kontakte leichter zu erreichen sind, und geben dafür eine Erfolgsquote unter Singles von 117 Prozent an. Die Zahl über 100 ergibt sich daraus, dass man innerhalb des Beobachtungszeitraums häufiger einen Partner zum Vögeln finden konnte als einen „festen“ Partner.
Die Studie wurde nicht nur mit Singles durchgeführt, sondern auch mit liierten Menschen, die ja leider in großen Zahlen ebenfalls zu den Tinder-Nutzern gehören. Die Forscher wollen festgestellt haben, dass etwa 58 Prozent der Befragten nach Eigenangaben Single waren, während 42 Prozent angaben, in irgendeiner Form liiert zu sein.
Ein Zahlenspiel: Wie viele Stunden braucht man, um Sex zu haben?
Und weil Zahlen sich nun wirklich beliebig interpretieren lassen, hier einmal eine ganz andere Betrachtung: Wie viel Zeit muss man nun aufwenden, um einmal zum Vögeln zu kommen?
Die Forscher schreiben:
Durchschnittlich nutzen sie (die Probanden) Tinder ca. 7 Minuten täglich und seit durchschnittlich drei Monaten mit nicht unbeträchtlichem Erfolg. Innerhalb dieses Zeitraums konnten sie durchschnittlich 131 Matches, 9 Dates und 1.75 sexuelle Kontakte generieren.
Das bedeutet: Mit einem Aufwand von sechs Stunden am Handy und mehreren Stunden, die mit Dates verbracht wurden, bekommt man einmal Geschlechtsverkehr oder, bei etwas Glück, eine ausschließlich sexuelle Beziehung. Nehmen wir an, dass ein Date ohne Vorbereitungen im Durschnitt 1,5 Stunden dauerte, dann kämen noch einmal 13,5 Stunden hinzu, wodurch sich die Zeit für 1,75 Mal Geschlechtsverkehr auf auf 24 Stunden erhöhen würde. Demnach würde einmal Geschlechtsverkehr also einen Aufwand von fast 14 Stunden bedeuten.
(1) Von 138 untersuchten Singles, die feste Partnerschaften suchten.
Noch wesentlich mehr Zahlen sind in der Studie enthalten, die Ergebnisse stehen in der Pressemitteilung.