Konnte die Selbstzerfleischung der Datingbranche gestoppt werden?
Noch 2015 waren namhafte Analysten der Meinung, die App Tinder (oder ähnliche Apps) würden die Branche kannibalisieren. Das Zauberwort in den USA heißt dabei „frei“: Alles, was nichts kostet oder was wenigstens scheinbar nichts kostet, wird das auffressen, wofür Geld aufgewendet werden muss.
Es scheint so, als würde das Horrorszenario nicht eintreten, so jedenfalls der Eindruck von BUSINESS INSIDER. Zwar hat Tinder eine enorme Marktposition erobert, doch das muss nichts bedeuten, denn die Frage ist immer noch: wer findet wie und wo durch Tinder (oder einen der Wettbewerber) wirklich einen Partner? Und wenn ja, für welchen Zweck?
In den USA dürfte die Sache noch ein wenig anders sein als in Deutschland: Nahezu die gesamte Branche ist in einer Hand: Tinder, OK-Cupid, POF und Match.com gehören einem einzigen Konzern. Und eben dieser Konzern schreibt Gewinne. Analysten glauben inzwischen, dass Tinder sozusagen der Köder sei, um Menschen für andere Formen von Online-Dating zu interessieren, die höhere Gewinne abwerfen.
In Deutschland ist die Sache etwas komplizierter. Hier tritt Match.com hauptsächlich über die französische Tochtergesellschaft Meetic auf, die in Deutschland die Portale „neu.de“ und FRIENDSCOUT24“ betreibt. Da Match.com in den USA als „Matchmaker“ gilt, also nicht als reine Singlebörse, ist auch die Konkurrenzlage etwas anders. In den USA konkurriert „Match.com“ beim „Matchmaking“ (Online-Partnervermittlung) direkt mit eHarmony, während der deutschen „Matchmaker“ eDarling de facto mit den unter einem Hut befidnlichen Branchenriesen „PARSHIP“ und „ElitePartner“ konkurrieren und Match.com hier eine sehr geringe Rolle als Matchmaker spielt.
Die Frage, ob Tinder und andere Nur-Smartphone-Apps für Dating-Zwecke demnächst „alle anderen Bewerber“ verdrängen würden, scheint aber transparenter zu werden.
Und wenn ich einmal eine Formel gebrauchen darf, dann wird die Sache so auslaufen:
Je kürzer, oberflächlicher und dringlicher die Begegnung erwartet wird, umso mehr wird man in Zukunft zu Apps tendierten, während Ehen, intensive Beziehungen und sich langsam entwickelnde Beziehungen eher über „Matchmaker“ geschlossen werden. Doch auch dazwischen liegt noch ein weites Feld, das sich vorzüglich für die eher traditionellen Singlebörsen eignet.