Kann künstliche Superintelligenz die Partnersuche vereinfachen?
Behauptungen sind schnell in die Welt gesetzt: Man nehme ein Super-System mit dem schönen Namen WATSON, das, wie man im Internet ohne jeden Zweifel nachlesen kann, ein wahrer Spezialist für künstliche Intelligenz ist. Er basiert – den Heiligenschein mal heruntergenommen – darauf, Daten in einer neuen Art zu sammeln, zu verknüpfen, zu bewerten und abzuspeichern, um bei einer Abfrage blitzschnell darauf zugreifen zu können.
Den Nachsatz freilich, der nun nötig wäre, wird gerne weggelassen. Solch ein System braucht eine riesige Menge an Daten, auch solche, die zunächst als „unwichtig“ erscheinen, weil es (anders als beim Schachcomputer) nicht „weiß“ wie komplex die Regeln sein werden, nach denen er abgefragt wird. Denn auch bei diesem Computer gilt „Shit in – Shit out“ oder etwas ausführlicher: Die Ergebnisse sind immer nur so gut wie die Daten, die zu ihrer Ermittlung verwendet wurden.
WATSON hat einen Vorzug, mit dem seien Schöpfer hoffen, eins bessere Informationen aus vorhandenen Datenbergen hervorzubringen. Dabei ist berücksichtigt man die Tatsache, dass 80 Prozent aller Informationen unstrukturiert vorliegen. Ein System, das solche Fragmente sammeln, ordnen und bewerten kann, wäre für manche Branchen äußert hilfreich, denn dann könnte man aus den Fragmenten die wichtigen Informationen herauslösen und sie in Prognosen oder Lösungen umwandeln. Das Kernstück (und die eigentliche Sensation) besteht darin, dass WATSON auch natürliche Sprache verarbeiten kann.
Was macht der Computer nun mit den Daten? Nun, zunächst macht ein Computer, wie Sie sicher wissen, gar nichts. Er braucht ein Programm – und das muss ziemlich gut sein, wenn es
Auf emotionale Intelligenz fokussiert (ist), Analysiert wird alles vom Schreibstil bis hin zu den Charaktereigenschaften.
Der Satz wendet sich an Menschen, die nicht viel von emotionaler Intelligenz verstehen und schon gar nichts von Computern. Und er hat wenig mit den Fähigkeiten von WATSON zu tun. Zunächst ist die emotionale Intelligenz gar nicht gemeint, sondern man meint die Persönlichkeitseigenschaften, die eben manchmal auch als Charaktereigenschaften bezeichnet werden.
Und woher bezieht der Wundercomputer mitsamt dem Wunderprogrammierer die Informationen? Aus sozialen Netzwerken, wie das bekannte FACEBOOK, aber auch aus LinkedIn, Twitter und Instagram. Die Persönlichkeitsprofile, die dabei herauskommen, kann natürlich auch WATSON nicht für bare Münze nehmen, und also werden ein paar offene Fragen zur Persönlichkeit gestellt, die noch nicht in sozialen Netzwerken hinterlegt wurden. Und wo sind wir dann? Bei dem angejahrten Verfahren der „Big Five “ (Fünffaktorenmodell), nach dem eigentlich schon kein Hahn mehr kräht, und das puppenleicht auszuwerten ist. Wie auch immer das Persönlichkeitsprofil entsteht – es hat also nicht viel mit „künstlicher Intelligenz“ zu tun, sondern mit einem ziemlich primitiven psychologischen Programm. Hat sich der Aufwand am Ende gelohnt?
Vermutlich nein – denn nun wäre eigentlich nötig, ein sogenanntes „Matchingprogramm“ zu haben, das es – nach Meinung der meisten Wissenschaftler – gar nicht gibt. Und erst recht nicht, wenn es aus dem Fünffaktorenmodell abgeleitet wurde, das wenig über die erfolgreiche Zusammenarbeit und „Passung“ eines Paares in der Zukunft aussagt.
Das Zitat stammt aus einer Pressemitteilung, die ich las, und wenn ich dann zur Webseite des Unternehmens gehe, dass dergleichen anbietet, dann steht dort alles, was sogenannte Online-Partnervermittler längst tun. Und verbunden mit den üblichen Algorithmen, die heute bekannte Online-Warenhäuser verwenden, um ihre Ware gezielter an den Mann zu bringen. In Wahrheit ist alles ziemlich bekannt – und letztendlich eben auch schon reichlich ausgelutscht.
Kann künstliche Intelligenz also die Partnersuche vereinfachen? Es ist mehr als unwahrscheinlich. Die angeblich vielen Parameter, die vermeintlich komplexen Algorithmen – all das ist eine Mischung aus Jabberwocky (1) und Wissenschaftsgläubigkeit.
Gehen Sie ab und an auf größere Veranstaltungen, Empfänge, Partys oder dergleichen? Dann fragen Sie sich bitte einmal: Mit wem werden Sie am Wahrscheinlichsten sprechen? Mit einem Mann in Ihrer Nähe oder mit dem einflussreichsten Mann? Mit einer Frau, die Ihnen vorgestellt wird oder mit der Schönheitskönigin?
Wenn Sie diese Fragen richtig beantworten können, werden Sie über Supercomputer zur Partnerwahl demnächst nur noch lächeln können.
(1) Unsinnigen Texten, nach von Lewis Carroll in „Through the Looking-Glass, and What Alice Found There“
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