Alkohol und einvernehmlicher Sex – passt das?
Bei manchem von uns stellt sich die „Leichtigkeit des Seins“ weder auf Befehl ein noch dadurch, dass wir abwarten, bis es im Hirn „Klick“ macht. Tatsächlich gehen nahezu allen Verführungen, im guten wie im schlechten Sinne, immer auch Phasen der Entspannung voraus. Wir erzeugen dann wahlweise eine „freundliche Atmosphäre“ oder eine „verfängliche Situation“. Wir romantisieren oder erotisieren Begegnungen. Kurz: Wir tun alles: Um das Gehirn vom Nachdenken abzuhalten und stattdessen den Tunnelblick auf die Liebe, die Lust oder den Sex auszurichten.
Sex und Schampus – alles für den Genießer?
Heute, in der Mitte Europas, gibt es wenige Begegnungen, Dates oder Feste, bei denen gar kein Alkohol getrunken wird. Vor allem der Champagner ist bekannt dafür, weibliche Bedenken schon bei geringen Alkoholmengen zu zerstreuen, und für alternde männliche Genießer gehört der „Schampus“ zum Sexgenuss wie der Kuss auf die Brustwarzen.
In der Literatur heißt es oft, der Champagner erhelle ein wenig die Gefühle, lasse dem Leichtsinn aber auch mehr Raum. Wenn das so wäre, spräche nichts dagegen. Denn die Lockerung des schweren Sinns ist ja die Voraussetzung für das, was man „schöne Stunden“ nennt. Doch irgendwann ist es nicht mehr Leichtsinn, sondern die Hingabe an den Alkohol, der dann nicht mehr erhellt, sondern vernebelt.
Alkohol: Wenn die Verführung zum Übergriff wird
Und wenn es einmal soweit ist, dann ist eine lustvolle Verführung eben keine Verführung mehr, sondern von der Seite des Verführers ein Übergriff. Und von der Seite der Verführten ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, den sie nicht zugelassen hätte, wenn die Selbstkontrolle noch funktioniert hätte.
Ob jemand „wirklich betrunken ist“, sollte jeder Mitteleuropäer feststellen können, denke ich – nur bei „hartgesottenen“ Alkoholikern kann man es bisweilen nicht. Ganz normale Personen bekommen Gleichgewichtsstörungen, Sprachprobleme oder beginnen, „dummes Zeug“ zu reden oder werden – und das ist das Gefährlichste – selbst unkontrolliert „freizügig“, so als hätte man gerade eine neue Persönlichkeit „aus dem Ei gepellt“.
Nicht mehr Herrin ihrer Sinne? Finger weg von ihr!
All diese Personen sind nicht mehr „Herrinnen oder Herren ihrer Sinne“, und es ist absolut ungehörig (ich rede hier nicht von Recht und Gesetz, sondern von zwischenmenschlichen Regeln) sie sexuell zu motivieren. Und das gilt auch dann, wenn die Person durchaus Anzeichen der Bereitschaft aussendet.
Allerdings neigen manche Frauen im Zustand der Trunkenheit auch dazu, sich Männern „an den Hals zu werfen“, wodurch es oftmals zu Missverständnissen kommt. Selbst wenn das passiert: Die meisten Frauen, die das tun, sehnen sich verzweifelt nach Liebe und Geborgenheit, nicht nach Sex. Und sie würden dergleichen nicht versuchen, wenn sie nüchtern oder „leicht angeschickert“ wären. Also: Finger weg, Taxi für die Frau bestellen und nach Hause kutschieren lassen.
Vom Teenager zur Seniorin – in jedem Alter ist Kontrollverlust möglich
Übrigens kann ich Ihnen verbindlich versichern, dass es sich dabei nicht um ein „typisches Teenager-Problem“ handelt. Gefährdet sind wir alle – und Frauen in mittleren und sogar höheren Jahren legen unter Alkoholeinfluss oftmals ihre Fassaden ab und offenbaren Männern ihre bedürftige Psyche in Gestalt eines verfügbaren Körpers.
Grafik: Historisch, vermutlich aus Frankreich, vielleicht Illustration zu einem Buch, leicht retuschiert.