Ist das Wort „Gutmensch“ wirklich ein Unwort?
Das Unwort des Jahres ist von der bekannten elitären und schulmeisterlichen Jury gewählt worden, die mir schon seit Jahren sauer aufstößt. In diesem Jahr hat man sich entschiden, das Wort „Gutmensch“ zu rügen. Dazu kämen wohl noch ähnliche Begriffe wie „Gutmenschenschaft“, „Gutmenschentum“.
Die Wahl ist purer Populismus. Offenbar möchte man sich gerne an die aktuelle Diskussion um Flucht und Asyl anhängen und Zeichen setzen – doch die gehen völlig ins Leere. Denn das „Gutmenschentum“ hat nichts mit Flüchtlingen, Asyl, Hilfsbereitschaft oder wirklich „guten“ Menschen zu tun. Vielmehr ist es ein Begriff, der einen eher konservativen Bürger beschreibt. Jemanden, der Sachargumente nicht zulässt, sondern sich allein oder jedenfalls überwiegend aus dem Dünkel nährt, dass seine moralische Haltung besser ist als die der anderen. Jemand, der sich hinter Ideologien versteckt und deshalb glaubt, er erwerbe damit das Recht, seien Meinungen als universell gültig anzusehen.
Die Jury erwies der deutschen Sprache einen Bärendienst
Die Jury hat damit der deutschen Sprache einen Bärendienst erwiesen. Wer jetzt noch „Gutmensch“ als Begriff benutzt, ist zum Abwerten, Beschimpfen und Verachten freigegeben, ja, er muss sich möglicherweise vorwerfen lassen, „von rechts“ zu argumentieren. Das ist unverschämt, beleidigend und erniedrigend.
Wie soll man sie denn sonst nennen, die Menschen, die „Gut“ zu sein für sich beschlagnahmt haben und das nicht mehr diskutieren wollen? Moralinsaure Spießbürger? Bigotte Sonntagsredner? Verklemmte Kirchenmäuse? Würde das den „Gutmenschen“ besser gefallen?
Bedenkliche Einstellung der Jury und merkwürdige Unterstellungen
Von der Jury der Sprachoberlehrer wurde gerügt, das Wort „Gutmensch“ würde für Personen und Gruppen benutzt, die damit als naiv, dumm oder weltfremd bezeichnet würden – und sie würden für ihren angeglichen „moralischen Imperialismus“ diffamiert.
Ich halte mal dagegen: Diese Menschen sind weder naiv, noch dumm, noch weltfremd noch betreiben sie einen irgendwie gearteten „Imperialismus des Guten“.
Aber sie nerven mit ihrer unerträglichen Arroganz, das Gute und Edle für sich für alle Zeit gepachtet zu haben.
Und ich, für meinen Teil, werde die Menschen, die sich in Sonntagsreden als die moralisch hochwertigere Fakultät hinauslehnen, weiterhin als „Gutmenschen“ bezeichnen – und glaube, sie damit fair zu beschreiben.