Matching und andere Hindernisse bei der Partnersuche
Der Sozialpsychologe Werner Degenhardt äußerte gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ einige bemerkenswerte Sätze zum Online-Dating.
Er sagte unter anderem (Zitat)
Die Beziehung nach einer Online-Vermittlung verläuft genauso gut oder schlecht wie bei anderen Formen der Anbahnung. Die Matching-Fragebögen gehen ja davon aus, dass Ähnlichkeiten im Wesen beider Partner automatisch zu größerer Liebe führen, was natürlich nicht stimmt.
Mich wundert allmählich, dass die wundersame Behauptung, man verfüge über „wissenschaftliche Formeln“ zum Matching immer noch verwendet wird. Gerade die Intelligenz, an die man sich ja angeblich wendet, müsste erkennen, dass es keine Matching-Formeln gibt.
Allerdings gibt es „Phänomene“ wie etwa den Vorstellungseffekt und den Barnum-Effekt. Aber die haben mit dem „Wissenschaftlichen Matching“ gar nichts zu tun. Allerdings ist laut Herrn Degenhardt die negative Auslese möglich: Personen, die gar nicht passen, könnten durchaus aussortiert werden. Doch dazu benötigt man wiederum keine wissenschaftliche Auslese, sondern nur wenige Hintergrundinformationen.
Was macht nun den Unterschied zwischen Online-Datern und Kneipen-Datern aus? Erstmal natürlich, dass Online-Dater nicht in Kneipen gehen. Doch der Sozialwissenschaftler will noch einen anderen Umstand entdeckt haben (erneutes Zitat)
Beziehungsvorsichtige Menschen haben beim Online-Dating mehr Zeit, ihre Unsicherheiten zu überwinden.
Das ist schön gesagt, sollte aber ergänzt werden:
1. Wie schon gesagt: Es gibt Leute, die Kneipen und überhaupt Veranstaltungen meiden, auf denen sie auf andere zugehen müssen. Diese Personen betreiben Online-Dating aus Überzeugung, denn hier finden sie Menschen, die tatsächlich (oder jedenfalls sehr wahrscheinlich) Partner suchen.
2. Sodann gibt es online leider auch Menschen, die Dating-Seiten für einen Basar halten, auf dem man sich an Menschen beliebig bedienen kann. Sie nennen dies „Anspruchsvoll“, in Wahrheit sind sie arrogant und schätzen sich selbst falsch ein.
3. Und schließlich trifft man insbesondere bei Online-Partervermittlern häufig Personen, die zur Zwanghaftigkeit neigen. Ihnen wird ja suggeriert, dass sie sich mit dem kompletten, ehrlichen und gewissenhaften Ausfüllen des Persönlichkeits-Fragebogens einen Dienst erwiesen – und sie glauben es offenbar. Mir ist bewusst, dass es viele Mitglieder gibt, die das nicht wirklich ernst nehmen, und das ist gut so. Denn, was wäre, wenn wir dort lauter Pedanten vorfinden würden?
Die Sache mit dem „viel Zeit haben“ sollten Sie, die Sie auf Partnersuche sind, nochmals überdenken. Es ist ungefähr so, als wenn sie sich edle Möbel kaufen: Solange Sie Kataloge wälzen, Möbelverkäufer nerven und Freunde fragen, was sie tun sollen, haben sie keinen Sessel unter dem Hintern. Also müssen Sie sich irgendwann einmal entscheiden, ob die Möglichkeiten unendlich groß sind und sie auf dem nackten Fußboden sitzen wollen. Oder ob sie eine Einrichtung bestellen und Ihnen dies die Chance eröffnet, Ihre Luxuspopo alsbald in einen bequemen Sessel hieven zu können.
Zitaten-Quelle: Süddeutsche Zeitung
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