Was verbirgt sich hinter der Fassade des Dating-Partners?
In englischsprachigen Ländern gibt es ein Thema, das in Deutschland wenig behandelt wird: die Puppe in der Puppe. In der Psychologie sprach man einige Zeit auch von einem ähnlichen Phänomen, dem „Zwiebelschälen“. Literarisch verwendet dienen beide Bilder dazu, immer tiefer in die Person einzudringen und dabei Facetten zu entdecken, die als überraschend oder gar erschreckend empfunden werden.
Ein Teil der Autoren, die diese Bilder gebrauchen, glauben, damit tiefer in die Menschen eindringen zu können, um andere Seiten, möglicherweise sogar die „besseren“ Seiten der Psyche zu entdecken. Immerhin gäbe es noch drei andere Möglichkeiten:
1. Die tiefer liegenden Schichten sind keinen Schichten, sondern nur andere Puppen, die ebenfalls Fassaden darstellen.
2. Das Forschen in immer tiefere Schichten führt dazu, den natürlichen Schutz des inneren Selbst aufzugeben – was uns für Manipulationen anfällig macht.
3. Sobald wir eine neue Schicht freilegen, wird das Leben, Denken oder Handeln für uns komplizierter.
Wenn wir einen Moment bei der Psychologie bleiben, so können wir das nicht tun, ohne an Fritz Perls zu denken. Ihm folgend, haben wir unsere „Bewusstheit“ im Laufe unseres Lebens mit zahlreichen Schichten überzogen, die uns daran hindern, uns selber bewusst zu werden. Dies kann in dem populären Satz „Verliere den Verstand und komm zu Sinnen“ zusammengefasst werden.
Die Fassade – warum wir sie bei Dates benötigen
Was passiert nun bei Dates? Angeblich wird dort ja (überwiegend von Männern) gelogen, dass sich die Balken biegen. Was läge also näher, als zu versuchen, die Fassaden herunterzureißen und zum „inneren Selbst“ vorzudringen?
Frauen glauben manchmal, dies zu können und auch zu dürfen. Sie sehen als ihr natürliches Recht an, die Schwächen des Mannes genau zu durchleuchten und dabei vor allem Unstimmigkeiten zu entdecken. Seien Sie sich ganz sicher, meine Damen (und einzelne Herren): Wenn Sie jemand wirklich täuschen will, dann hat er ein ganzes Repertoire an passgenauen Pseudo-Realitäten, die allesamt plausibel erscheinen. Die „Inquisition“ könnte daher eher die gutherzigen Menschen vergraulen, als die bösartigen Personen zu entlarven.
Ich frage mal ganz provokativ: Was würden Sie von einem Mann halten, der daraus besteht, dass sich die Frau beim ersten Date nackt entkleidet, sich abschminkt und duscht, um dann vor ihm zu bestehen?
Sehen Sie, ein bisschen schminken wir uns alle, wenn wir zu Dates gehen, und wer sich vor dem Date ein jugendliches, verführerisches Gesicht anschminkt, das Haupthaar nachfärbt und die Brüste in Push-up-BHs zwängt, der sollte sich nicht wundern, dass Männer ihre Persönlichkeit „aufschminken“.
Wann die Fassade von selbst fällt
Die Wahrheit kommt erst ans Tageslicht, wenn man die Person im grellen Licht des Alltags sieht. Das gilt für Frauen wie für Männer und für die psychische Fassade wie für die geistige oder körperliche Fassade. Wir alle hoffen, dass sie nicht zu sehr von dem abweicht, was wir zuvor gesehen, erfühlt und erfahren haben.
Bevor ich diesen Artikel abschließe: Es gibt durchaus auch die Möglichkeit, Illusionen zu genießen – sowohl bei Frauen wie bei Männern. Die Probleme entstehen nicht dadurch, dass wir „Illusionen“ genießen, sondernd dadurch, dass wir Illusionen und Realitäten miteinander abmixen, sodass wir selber nicht mehr genau wissen, in welcher Welt wir uns gerade bewegen.