Abo-Abzocke: der eigentliche Pferdefuß beim Online-Dating
Das eigentliche Ärgernis am gegenwärtigen Online-Dating ist die automatische Abo-Verlängerung, im Volksmund auch Abo-Abzocke genannt oder der„Rollover-Vertrag“. So nennt man (zumindest in der Schweiz) Abonnements, die nur schwer kündbar sind, weil es nur wenige Kündigungsterminen gibt – und die verpassen Menschen nun mal häufig. Das Problem: der Rollover-Vertrag oder das sich „automatisch verlängernde Abonnement „wird von nahezu allen Teilnehmern am „Online-Dating“ genutzt. Und zwar sowohl von den Firmen, die sich auf dauerhafte Partnerschaften spezialisiert haben wie auch Sex-Dating-Unternehmen.
Interessant ist, dass der betont seriöse Teil der Branche darüber öffentlich schweigt und schweigt und schweigt, es sei denn, dass die Verbraucherschützer ein Haar in den AGB finden. Man kann dieses Schweigen möglicherweise verstehen, weil man ja nicht möchte, dass die eigenen Praktiken mit jenen der Sex-Börsen verglichen werden.
Doch diese Haltung kommt nun zurück wie ein Bumerang: Der Schweizer Tagesanzeiger schreibt zwar über Sexbörsen und ihre Vorgehensweisen, lässt dann aber eine Verbraucherschützerin zu Wort kommen, die offenbar eiern Wahrheit gelassen ausspricht (Zitat aus dem „Tagesanzeiger“):
Wie viele Benutzer von Onlinepartnerbörsen bedroht und betrieben werden, darüber liegen keine Zahlen vor. Doch die Konsumentenschützer sind längst auf das Problem aufmerksam geworden. «Wir erhalten regelmässig Beschwerden von Nutzern, die in die Falle getappt sind», sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz. In die Falle tappen heisse, einen sogenannten Rollover-Vertrag abzuschliessen, der sich «dauernd und automatisch» verlängere und nur sehr schwer kündbar sei.
Damit wird der Sonderfall „Sexbörse“ mit seinen inzwischen recht bekannt gewordenen Methoden allerdings zu einem Fall „Online-Dating“ – und ich bin nahezu sicher, dass sich die Branche auch diesmal nicht äußern wird.
Ein Abo, das sich ständig selbst erneuert, wenn man nicht wie ein Buchhalter auf den Kündigungstermin schielt?
Argumentiert wird immer, dass diese Methode „üblich sei“, zum Beispiel bei den Stromversorgern, bei Telefonverträgen oder den klassischen Zeitschriften-Abos. Dagegen könnet man – vor allem bei den Online-Partervermittlern, dass die Formel eigentlich heißt: „Suche bis Gefunden gleich „JA“, dann Kündigung“.
Im Sex-Bereich lauten die Formeln allerdings ganz anders. Hier betreiben Menschen ein frivoles Spiel, bei dem sie eigentlich damit rechnen sollten, mehr Bilder als Menschen zu Gesicht zu bekommen. Und der Grund, warum sich auch der Gesetzgeber so wenig um die Branche schert, mag genau darin liegen: Er sieht „Dating“ inzwischen offenbar auch eher als „Entertainment“ an.
Der letzet Satz im Artikel des Tagesanzeigers deutet darauf hin, dass Dating-Unternehemn inzwischen viel an Vertrauen eingebüßt haben:
Heyo Heyen aus Braunschweig, der im Internet bitter enttäuscht wurde, hat inzwischen einen anderen Plan, wie er Frauen kennen lernen will: «Ich versuche nun, öfters rauszugehen», sagt der 56-Jährige. «Man ist ja auf der Suche.»
Was im Klartext heißt: Dieser Mann und die vielen anderen, die enttäuscht wurden, kehren Online-Dating pauschal den Rücken. Und das müsste nicht sein.
Zitate aus dem Schweizer „Tagesanzeiger“