Die Dame für den Schnelleinsatz
Erfunden wurde die Dame für den Schnelleinsatz von den Heiratsvermittlern der 80er, wobei es zwei Wege gab: Entweder sie wurden gleich zu Anfang präsentiert, um zu beweisen, dass man nur bestes Material im Stall hat oder sie wurden dann wie die Kaninchen aus dem Hut gezogen, wenn der Kunde quengelig wurde. Vorzugweise Damen in Topzustand zwischen 25 und 35 – ledig und ohne Kinder, selbstverständlich. Für die entgegengesetzten Bedürfnisse hatte man seinen Herrn ab 55, gut situiert, glatzenlos, mit Humor und tadellosen Umgangsformen.
Das Problem bei meiner Geschichte: Jeder der Vermittler hätte damals (in den 80ern war es große Mode) vehement geleugnet, dass es solche Damen und Herren gegeben hätte – und so ist es bis heute. Es gibt sie nicht, weil niemand beweisen kann, dass es sie gibt – und es gibt sie, doch, weil niemand beweisen kann, dass es sie nicht gibt.
Dabei ist zunächst nicht einmal von Betrug die Rede: Die vereinzelten Damen und Herren, die tatsächlich dem Ideal entsprachen, wurden angepriesen wie Sauerbier – und zu so vielen Rendezvous wie möglich geschickt. Für den Notfall hatte man dann noch eine Bekannte oder einen Bekannten, um in die Bresche zu springen – da musste erst mal jemand beweisen, dass ausgerechnet jene oder jener keinen Partner suchte. Virtuelle Partnerinnen und Partner gab es auch schon – aber nur in Zeitungsanzeigen. Da stand dann entweder „Originalfoto“, wenn es die Dame irgendwann einmal gegeben hatte – oder „Bild typenähnlich“, wenn man etwas „Ähnliches“ im Angebot hatte, nur eben nicht so attraktiv.
Heute ist die Situation zwar genau so wie damals, nur eben einfacher: Jeder Datingdienst wird vehement leugnen, solche Damen oder deren Profile (ohne Damen) im Angebot zu haben – und Begrüssungsaugustinen (analog Begrüssungsauguste) gibt es natürlich auch nicht. Oder doch? Wieder ist die „Beweislage“ wie auch die „Gegenbeweislage“ kritisch. Manche Damen melden sich eben ganz schnell ab oder sie haben einfach keine Flirtbereitschaft – wie schade. Aus Amerika kommt die Kunde, dass ein Datingdienst einfach mal ein paar Flirtbereitschaften elektronisch erzeugt – ohne Damen. Immerhin handelt es sich dabei noch um einen Dienst, bei dem es tatsächlich eine große Anzahl von Mitgliedern gibt.
Denn auch dies ist möglich: Man hat gar keine Damen, sondern nur einen Dienst. Aber das ist dann tatsächlich ein Fall für den Staatsanwalt.