Online-Dating: Wenn sich das Kribbeln im Bauch nicht einstellen will …
Online-Dating kann mit mehreren Absichten gestartet werden. Der Häufigste ist angeblich, einen Lebenspartner zu finden. Er konkurriert scharf mit der Lust, ein paar heiße Nächte oder ein entsprechendes Wochenende miteinander zu verbringen – und dies sogar oft noch während der Verabredung. Schließlich gibt es noch andere Motivation: Aus dem Date heraus ein abenteuerliches Spiel miteinander zu beginnen, das durchaus nicht risikolos ist, aus dem aber ein besonderer „Kick“ gewonnen wird.
Wie auch immer die Motivation ist – es gibt ein paar Gründe, Online-Dating zu lieben und zu hassen. Aus einem Artikel, der Online-Dating hinterfragt, habe ich einige Gedanken genommen und sie mit den Erfahrungen „ganz gewöhnlicher“ Partnersuchender zusammengeführt. Hier meine Quelle.
Der gewöhnliche Partnersuchende, insbesondere aber die partnersuchende Frau, vermisst beim Online-Dating den Zufall, das Kribbeln und die Romantik. Der Grund ist üblicherweise, Dates zu „verkopft“ anzugehen. Dazu schreibt die Autorin, die ich hier noch mehrfach zitieren werde:
Ich war nur viel zu verkopft, um mich richtig auf meine Dates einzulassen. Ich wollte mir Mühe geben, ein ausgewogenes Urteil über mein Gegenüber zu fällen.
Verkopfungen vermeiden
Das beste Mittel gegen „Verkopfung“ ist eine ergebnisoffene Einstellung: Ist er nicht der Partner für eine Beziehung, so eignet er sich möglicherweise für eine Affäre. Ist die Affäre zu aufwendig, kann er der Partner für eine Nacht sein – und ist er auch nicht der Partner für eine Nacht, so gewinne ich aus dem Gespräch mit ihm wichtige Erkenntnisse. Wichtig ist dabei, sich selbst und dem anderen Grenzen setzen zu können, falls sich dies als nötig erweisen sollte.
Ein etwas heikleres Problem besteht darin, den Dating-Parter attraktiv zu finden. Ich selbst drücke es gerne so aus: Es ist relativ unwahrscheinlich, dass wir einen Blind-Date-Partner oder einen Online-Partner auf den ersten Blick attraktiv finden – und ich sage im zweiten Satz stets dies: Und es ist auch nahezu irrelevant, weil Intimität und Attraktivität nicht deckungsgleich sind.
Nonverbale Signale erkennen und nutzen
Wie Intimität entsteht, ist umstritten. Sicher ist aber, dass sie durch Kommunikation, sei sie verbal oder nonverbal, durchaus angeheizt werden kann. Dazu passt der Satz, den diese Bloggerin schrieb:
Wenn ich Menschen kennenlerne, fängt bei manchen – zumindest bei mir – relativ früh ein Kopfkino an zu laufen. Dann kribbelt es im Bauch und ich überlege mir, was er mit mir machen würde, wenn wir zusammen im Bett landen.
In diesem Fall hat die nonverbale Kommunikation einen Prozess in Bewegung gesetzt, der sich nur noch schwer stoppen lässt. Der Partner hat (willentlich oder ohne es zu wissen) einen natürlichen Prozess ausgelöst, der in der Natur nun unweigerlich zum Geschlechtsakt führen würde, in der Kultur aber zunächst diskret abläuft. Verbale Kommunikation kann diesen Prozess beflügeln, aber auch stoppen. Das beste Mittel, um den „Knoten“ positiv aufzulösen, ist stärker auf Körpersignale zu achten und sie möglichst rasch in die gewünschte Richtung zu lenken. Ich denke, die Autorin weiß es, denn sie schreibt:
Das hat bei den Dates fast immer gefehlt, wobei ich auch denke, dass es sich einfach nicht entwickeln konnte, weil ich eben zu viel nachgedacht habe.
Verkrampfte Kommunikation am eigentlichen Thema vorbei – typisch für Dates?
Es gibt einen weiteren Faktor in dem genannten Artikel, der etwas über die Gesprächskultur aussagt, mit der es bei Dates nicht immer zum Besten steht. Gefordert wird beim Date ja häufig ein ernstes, aber nicht zu intimes Zweiergespräch, das sich weitgehend an den Regeln des „Small Talks“ orientiert. Durch diese Sprachkultur werden Dates oftmals als „verkrampft“ empfunden. Noch einmal die Bloggerin:
Und das beinhaltet immer die Vermeidung von peinlichen Gesprächspausen … wobei … jeder versucht, sich von seiner besten Seite zu zeigen. Dadurch wird so ein Date viel anstrengender als wie, wenn man jemanden auf einem Stammtisch oder einer Party trifft …
Die Wahrscheinlichkeit, dass Dates als „anstrengend“ empfunden werden, hängt mit der inneren Einstellung zusammen – „ich muss jetzt mindestens eine Stunde ernsthaft aber belanglos und auf keinen Fall zu intim mit diesem Menschen reden.“
Ich nehme (unabhängig vom Zitat) nicht an, dass stocksteife, leicht verlogene und weitgehend distanzierte Gespräche ein Teil der deutschen Kennenlern-Kultur sind. Aber es könnte immerhin sein, dass die Schranken beim Online-Date deutlich heruntergelassen werden: „Ich hier, du dort – und falls der böse Zug der Leidenschaft dennoch kommen sollte, überfährt er uns wenigstens nicht.“
Regelbruch ist beinahe eine Notwendigkeit bei Dates
Wer einige Erfahrung mit Online-Dating hat, der wird wissen, dass zu irgendeinem Zeitpunkt des Dates einer der beiden Partner einen „Fauxpas“ gegen die Konventionen begehen muss, wenn sich Romantik, Lust oder Leidenschaft entwickeln soll. Die Schranke muss weg – sonst kommt man nie zusammen. Die übliche Befürchtung „damit zerstöre ich alles“ ist weitgehend unbegründet: Es kann sein, dass der andere bereits drauf wartet, dass die Schranke sich endlich öffnet. Es kann auch sein, dass er positiv überrascht ist und sich über die Offenheit freut. Oder dass er sich denkt: „Ich hätte es längst selbst vorschlagen sollen, aber ich bin froh, dass es der Partner gesagt hat.“ Natürlich kann es auch sein, dass der Partner brüskiert ist und Sie barsch zurückweist. Na und? Wenn Ihr Partner einem angeblichen Fauxpas nicht mit Humor begegnen kann, was wollen Sie dann langfristig mit ihm anstellen?
Jeder muss seinen Weg in den verworrenen Labyrinthen der Liebeshändel finden – und Garantien für das richtige Wort zur rechten Zeit gibt es nicht. Das Einzige, was wirklich nützt, ist die Klaviatur der Kommunikation in Dur und Moll zu beherrschen.