Warum wir unsere Partner betrügen – oder es nicht tun
Nicht alle tun es. Manche haben einfach keine Zeit, auch noch ihre Partner zu betrügen, bei anderen sind die moralischen Bindungen fester gezurrt als die Lüste. Diejenigen, die davon träumen, es einmal zu tun, zählen sicher über die 80 Prozent hinaus, diejenigen, die es einmal taten, sollen je nach Statistik zwischen 20 und 70 Prozent liegen. Und dann wäre da noch die Frage, was es denn ist, das Betrügen? Sicher sind wir eigentlich nur: Die bewusste Suche nach einem/einer Fremden zum Vögeln ist Betrug am ständigen Partner.
Psychologisch ist ja alles leicht zu erklären, und ob Küchenpsychologin oder Universitätsprofessor: Aus jedem Plappermündchen können „die Gründe“ hervorquellen.
Nachlässigkeit im Alltag als Grund für den Partnerbetrug?
Als Hauptgrund wird immer wieder Nachlässigkeit im Alltag angeben. Klingt plausibel, ist aber fragwürdig, denn das Leben im Alltag ist nun mal Alltagsleben und kein Fruchtbarkeitsfest. Klar können Paare, vor allem junge Paare, ihr Leben in jeder Hinsicht aufhübschen und mehr Spaß miteinander haben. Und sicherlich können Paare ihre Beziehung auch jenseits der lustvollen Begierde stabilisieren. Was die Partner allerdings nicht daran hindert, wird, dann und wann den Gedanken an lustvolle Außenbeziehungen zu wälzen.
Reden Sie doch mal miteinander!
Wahrscheinlich gehen mehr Ehen durch Kommunikation in die Brüche als durch den Mangel daran. Das Problem wird von manchen Psychologen richtig beschrieben: Es ist der Mangel an intimer, wirklich tief gehender Kommunikation, in der insbesondere erotische Wünsche und Bedürfnisse eine Rolle spielen. Das Problem gilt als schwer lösbar, weil dieser Satz im Hirn rumort: „Sage ich ihr/ihm, was ich insgeheim erträume, wird sie/er empört sein oder mich gar als pervers beschimpfen.“ Insoweit meiden viele Partner diese Gespräche und holen sich die verbotenen Früchte anderwärts. Sogenannte Beziehungsgespräche, gleich, ob sie die Arbeitsteilung, die allgemeine Gefühlslage, die Sexualität oder die Finanzen betreffen, haben hingegen drei mögliche Ergebnisse: Entweder es ändert sich zum Positiven oder zum Negativen, oder es bleibt, wie es ist. Ökonomisch ist dies absolut unsinnig: Wenn nur eine Drittelchance besteht, dass sich etwas verändert (von „verbessern“ kann eigentlich nicht die Rede sein), sind solche Einschnitte in eine Beziehung im Grunde nutzlos – es sei denn, die Beziehung wäre wirklich in die Krise geraten.
Die Medien sind schuld?
Wenn Berater ratlos sind und ihre Lösungen versagen, sind immer die Medien schuld. Sie, so behaupten die Besserwisser unter ihnen, vergiften die Familienwerte, die Beziehungen und das Zusammenleben. Ob es sich um Seifenopern, Prostitution, Dating-Agenturen oder Pornografie handelt: Das schlechte Beispiel verdirbt die guten Sitten. Die Leute, die so etwas sagen, vergessen, dass es nur einen einzigen Verantwortlichen für das eigene Leben gibt – denjenigen, den sie im Spiegel sehen. Nur er entscheidet, ob er „treu“ ist, einen ONS riskiert oder sich in einer Zweitbeziehung suhlt. Zumeist haben Frauen wie Männer zwei unterschiedlich eingerichtete Moralzimmer: Im Ersten ist es ein Frevel und Scheidungsgrund, wenn der Partner fremd vögelt, und im Zweiten ist es „menschlich“, „verständlich“ und „entschuldbar“, falls sie selber eine Sexaffäre haben. Rechtfertigungen sind billig.
Was geht – und was gar nicht geht
Um die Liebe, die Beziehung oder gar die die Lust aufrechtzuerhalten gibt es Möglichkeiten, die allerdings kaum diskutiert werden können. Jedes Paar wird seinen eigenen Weg finde, durch Küsse, Berührungen, Emotionen, Geschenke und „schöne Zeiten“ miteinander das Glück so lange wie möglich zu bewahren.
Manches, was als „Betrug“ gilt, ist eigentlich keiner: Lust auf andere Menschen ist normal, solange sie nicht in die Tat umgesetzt wird. Hier war sogar der Religionsstifter, falls es wirklich seine eignen Worte waren, zu hart. Und wo der Betrug beginn, sieht jeder Mensch etwas anders. Für manche verheirate Frau ist der Griff zum Vibrator Routine, weil ihr dieser mehr Lust verschafft als der Ehemann. Und mancher Ehemann findet bei einer Escortfrau die Ekstase, die ihm die Partnerin nicht gewährt. Die Beispiele ließen sich endlos fortsetzen.
Für Betrug halte ich die bewusste Suche nach ONS, Seitensprüngen, Bumsbeziehungen oder Affären sowie alle Formen von „Zweitbeziehungen“.
Indessen – wer einmal einer Frau, einem Mann vielleicht gar einem Paar verfällt, der ist noch kein Ehebetrüger. Oder, wie es einmal ein englischer Schlagertext sagte: „Du kannst einen Mann nicht einen Fischer nennen, nur weil er einmal gefischt hat.“ Und in solch einem Fall sage ich: Die Lady genießt und schweigt, sogar gegenüber der Freundin. Und der Gentleman sowieso, vor allem gegenüber der Ehefrau.