CDU-Fraktion Thüringen giftet gegen zu viel Sex im Bildungsplan
Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christian Tischner, nutzt im Namen der CDU (und damit leider auch im Namen vieler CDU-Wähler) die Sommerflaute.
Was immer ihn und seine Landtagsfraktion bewogen haben mag, gegen den Entwurf „Thüringer Bildungsplan bis 18“ zu giften, ist mir unbekannt. Im Titel wird die spektakuläre Frage gestellt, ob „Befürchtungen zur Frühsexualisierung(1) berechtigt“ seien. Tatsache aber ist, das seitens der konservativen und klerikal orientierten Politik immer wieder schwere Keulen gegen Bildungspläne geschwungen werden, wenn sie – was eigentlich selbstverständlich ist – auch Sexualkunde beinhalten.
Die CDU-Fraktion fand offenbar ein winziges Haar im Bildungsplan, indem herzlich wenig von Sexualerziehung die Rede ist, vermutlich aber genug, um einige CDU-Aktivisten auf die Palme zu bringen. Wortwörtlich heiß es dort in einem ganz ausgezeichnet formulierten, recht neutralen Text:
Entscheidend ist die Frage, wie Kinder und Jugendliche ihre eigenen Genderkonzepte, Männlichkeit und Weiblichkeit konstruieren und aufeinander beziehen. Die Entwicklung von Geschlechteridentität basiert auf Gleichberechtigung und Gleichachtung; dies schließt ein, dass alle am Bildungsprozess der Kinder und Jugendlichen Beteiligten Verallgemeinerungen stereotyper Rollenvorstellungen kritisch entgegentreten.
Zusätzlich wird in einer Zusammenfassung hervorgehoben:
Sexualität:
• Gesprächsatmosphäre, die natürlich, offen, auch humorvoll ist
• Möglichkeiten des Austauschs in selbst gewählten Gruppen (z..B. nach Geschlecht, Religion, Interessen getrennten Gruppen)
• Möglichkeit, dass Kinder und Jugendliche ihre Fragen/Themen anonymisiert aufschreiben, um sie dann gemeinsam zu beantworten und zu besprechen. Möglichkeit des Austauschs/Interviews mit Erwachsenen/Peers über Vorstellungen von Freundschaft, Liebe, Sexualität, Partnerschaft
• Voraussetzungen für gelingende Beziehungen diskutieren.
• Möglichkeit der Diskussion über mediale Darstellungen von männlicher und weiblicher Sexualität, z. B. Möglichkeit der Diskussion über mediale Darstellungen von männlicher und weiblicher Sexualität, z. B. Stereotype auf (Plakat-)Werbungen, in Filmen.
All dies ist geradezu selbstverständlich und gerät damit nicht einmal in die Nähe einer „Übersexualisierung“. Letztlich bedeutet es nicht mehr und nicht weniger, als das, was bereits im Nachmittags-Fernsehprogramm an Kitsch, Kultur und Schwachsinn geboten wird, in der Schule diskutabel zu halten. Es ist ja nicht die Schule, die diese Themen aufwirft, sondern es sind die Medien. Und ob in den Familien alle Fragen jugendlicher Betrachter beantwortet werden, ist höchst zweifelhaft.
Die CDU im Landtag täte gut daran, sich mit sinnvolleren Themen zu beschäftigen – und sie hat zudem eine äußert merkwürdige Vorstellung davon, was „Öffentlichkeit“ ist, denn alle Dokumente zum „Thüringer Bildungsplan bis 18“ sind im Internet frei zugänglich.
Zitate:
Bildungsplan Thüringen (Entwurf 2.2.2013). do, Entwurf 18 2.2..2013.
Weitere Quelle: „Thüringische Allgemeine“
Hinweis:
(1) Das Wort „Frühsexualisierung“ wird in Deutschland überwiegend von ausgesprochen konservativen klerikalen Kreisen benutzt.
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