Wenn bekloppte Männer keine Goldschnitten wollen
Was ich noch nicht wusste: Frauen ab 40 sind „Goldschnitten“. Meint jedenfalls Sabina Wachtel, die auch wohl ein Buch über diese Spezies geschrieben hat.
Und was macht so eine Goldschnitte, wenn sie einen Mann sucht? Sie befolgt Tipps, wie es sich für eine gute Tochter (äh … wie war das?) gehört.
Wir hören, dass Frauen über 40 zwar weniger Männer treffen, aber bitte auch keine Männer „aufreißen“ sollen. Stichwort: „Wer hat dazu schon Lust?“
Es bleiben 10 „wohlmeinende“ Tipps, die alle ein klein wenig nach „gutem Zureden“ riechen und sich an Damen über 40 wenden, die ohnehin mitten im pulsierenden Leben stehen, beispielsweise „attraktiv, gebildet, Ärztin oder Art Direktorin“ sind.
Wie die Frau über 40 „an den Mann“ kommen soll, wird nicht ganz deutlich. Wir erfahren, dass viele der Tipps für jüngere Frauen auch für die Frauen über 40 gelten, während andere Vorschläge („nachts trifft man keine Männer“) eher auf etwas Unverständnis stoßen dürften.
Und wo trifft man sie nun, die begehrten Männer?
Wieder wird etwas ausgesprochen, was drauf schließen lässt, dass man für die Tipps viel Öffentlichkeit benötigt: Man setze „äußerliche Signale“ – dann würden Männer „unverkrampft“ auf Frauen über 40 zugehen. Die Männer – so heißt es in einem anderen Tipp –seinen ohnehin gewohnt, Frauen anzusprechen, denn „80 Prozent der Männer, die eine Frau gut finden, (werden) einen Weg finden … mit dieser Frau in Kontakt zu treten“. Außerdem – so hießt es in einem anderen Punkt – vergesse man möglichst nicht, Paare einzuladen.
Wenig übrig hat Frau Wachtel für Ü-Irgendetwas-Partys, was ich lebhaft nachvollziehen kann, aber auch gegen Online-Dating. Sie schreibt (Zitat):
Für Online-Dating-Portale braucht man viel Selbstironie und ein hohes Maß an Toleranz. Ich plädiere immer noch für die gute alte Kontaktanzeige mit Chiffre. Allein die Umschläge zu öffnen (hoffentlich viele), ist doch unerreicht“
Fragt sich, warum ausgerechnet Online-Dating abgewertet wird. Denn Toleranz, Humor, Mut und Selbstbewusstsein benötigt jede Frau, die sich über 40 auf Partnersuche begibt.
Bei dem Wort „Selbstbewusstsein“ fiel mit etwas auf: Das Stichwort fehlt in dem Text, den die „Huffington Post“ (deutsch) veröffentlichte. Mich verwirrt dies ein wenig, weil es ja gerade im Alter von über 40 Jahren darauf ankommt, ein natürliches und unverkrampftes Selbstbewusstsein an den Tag zu legen. Selbstbewusstsein würde aber beinhalten, dass sich die Partnersuchende über ihre beruflichen, charakterlichen, femininen, emotionalen, sozialen und nicht zuletzt erotischen Fähigkeiten bewusst ist.
Sollte das Selbstbewusstsein wenig ausgeprägt sein, so lässt es ich auch nicht dauerhaft durch „Persönlichkeitskosmetik“ aufplustern. Denn wenngleich eine Frau sich mit dem perfekten Outfit und der erlernten Fassade des eigenen Auftritts durchaus kurzfristig durchsetzen kann, werden diese Korrekturen nicht dafür ausreichen, einen Mann über die eigene Persönlichkeit zu täuschen.
Ein Mann, der eine äußerlich attraktive Frau, sei sie nun 20, 30, 40 oder 50, nicht will, muss nicht notwendigerweise „bekloppt“ sein. Er könnte sogar äußert klug handeln.