Schönheit bei der Partnersuche – Treppenwitz oder Tatsache?
Mehrheit der Menschen entspricht keinem der gängigen Schönheitsideale. Durchschnitt ist und bleibt Durchschnitt. Wenn Sie sich sogenannte „Hüllkurven“ ansehen, dann wissen Sie und ich (auch wenn es schrecklich für Sie ist): Sie sind Durchschnitt, und ich bin es auch.Wenn das so ist, und daran bestehen nicht die geringsten Zweifel, wie Ihnen jeder Statistiker bestätigen wird, dann wundere ich mich erheblich über eine angebliche Studie von eDarling. Die bezieht sich allerdings auf ein „attraktives Profilfoto“, und dann heißt es:
Die Ergebnisse der neuesten eDarling-Datenabfrage belegen, dass das Äußere bei der Partnersuche zwar gerne kleingeredet wird, aber dennoch sehr wichtig ist. So wird ein weibliches Mitglied mit Foto 12-mal häufiger angeschrieben als ein Profil ohne Bild und ein männliches Profil sogar ganze 33-mal häufiger.
Was sagt dies über die „Attraktivität aus? Gar nichts. Wir Menschen orientieren uns überwiegend visuell, und das gilt auch für die Profile auf Online-Dating-Seiten.
Fragt sich, wie denn nun die Bemerkung von Wiebke Neberich, Hauspsychologin bei eDaling, die daraus folgert;
„Der Grund für die unterschätzte Wichtigkeit von Attraktivität beim Kennenlernen scheint die soziale Erwünschtheit zu sein: Uns wird bereits als Kleinkind beigebracht, dass es oberflächlich ist, das Aussehen über die inneren Werte zu setzen“.
Bitte Frau Nebrich? „Der Grund für unterschätzte Wichtigkeit von Attraktivität?“ Abgesehen davon, dass hier zunächst einmal etwas unterstellt wird, ist „Attraktivität“ per Begriffsdefinition nicht nur auf einen ebenmäßigen Körper reduzierbar.
Ob man hier bewusst mit der Sprache gespielt hat, um eine ideologisch eingefärbte Position zu vertreten? Im weiteren Verlauf einer Pressemitteilung wird uns dieser Sprachfrevel noch mehrfach aufgetischt, indem von „Attraktivitätsforschung“ gesprochen wird, die sich lediglich auf die „Attraktivität eines Gesichts oder Körpers“ bezieht. Dazu wollen einzelne Forscher wissen, dass „50 Prozent der Attraktivitätswahrnehmung“ nach objektiven, nachvollziehbaren Merkmalen ablaufen.
Na schön, meine Damen und Herren Psychologen, nur welche Bäume bellen Sie denn nun an? Und warum und für wen wird so etwas veröffentlicht?
Kommen wir zum Anfang zurück: „Attraktiv“ und „Schön“ ist in Wahrheit nicht das Gleiche. „Attraktiv“ können die meisten von uns sein, auch diejenigen, die nur „bedingt schön“ sind. Vielleicht sollte man sich dergleichen überlegen, bevor man Unsinn in die Welt setzt wie „Die Mär vom Charakter – bei der Partnersuche kommt es aufs Aussehen an.“
Wozu also sollte die PR-Aktion von eDarling dienen? Im Letzen Absatz der Pressemitteilung kommt noch einmal der Attraktivitätsforscher ins Spiel, und er wird so zitiert:
„Für Frauengesichter gilt beispielsweise: Schön sind jugendliche, gesund aussehende Gesichter. Sehr wichtige Attraktivitätsmerkmale sind unter anderem eine makellose Haut, große Augen, volle Lippen und eine schmale Nase.“
Gut und schön – so sieht also die perfekte Hülle aus. Und was bitte bringt dies den nach Millionen zählenden Frauen, die einen Partner suchen, und die zu geschätzten 95 Prozent nicht diesen (und den übrigen) Kriterien entsprechen? Will man hier den Frauen sagen:“Ihr braucht gar nicht erst an den Partnermarkt zu gehen, wenn ihr keine makellose Haut, große Augen, volle Lippen und eine schmale Nase habt?
Irgendwie scheint der Schuss bei PR-Aktionen manchmal nach hinten loszugehen – das kann passieren. Aber wenn man in einen PR-Artikel ausschließlich auf körperliche Schönheit abhebt, die man entweder hat oder eben nicht – was bitte hat er dann für einen Sinn?