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Bücher über Perversionen – geile Neugierde oder sinnreich Literatur?

Sex-Abweichungen - sind sie ein Thema für Voyeure oder haben Bücher darüber einen Sinn?

Sex-Abweichungen – sind sie ein Thema für Voyeure oder haben Bücher darüber einen Sinn?

Ein paar Bücher liegen vor mir und eine Studie. Die Studie steht gegenwärtig im Mittelpunkt, weil sie Zahlenmaterial liefert. Es ist unerlässlich, wenn man der Wahrheit nahekommen will. Die Bücher waren dafür gedacht, die Einsichten zu vertiefen.

Es geht um das, was manche Menschen immer noch als „Perversionen“ bezeichnen, während vorsichtige und eher zurückhaltende Menschen von „Abweichungen“ sprechen.

Bücher: Teils gut recherchiert, und dennoch sinnlos

Doch zuerst zu den Büchern: „Klick Mich An“ war eines der ersten, auf Sensationen gebürsteten Bücher zum Thema. Die Autoren machen es sich relativ einfach: Sie zählten Internet-Klicks, um uns dann zu berichten, dass es „dort draußen“ viele Menschen gibt, die Abweichende sexuelle Empfindungen haben. Manche Menschen fanden es „aufschlussreich“, andere eher plakativ. Jedenfalls bediente sich das Buch der Lust der „Normalos“, sich heimlich Exzesse zu wünschen und sich öffentlich über Abweichungen lustig zu machen. In eine ganz ähnliche Richtung geht jetzt das neu erschienene Buch „Sex im Kopf“, das die erotischen Fantasien der Deutschen offenzulegen behauptet. Es steht – obgleich es einen anderen Ansatz verfolgt und aufwendiger recherchiert wurde – unter dem gleichen Vorbehalt. Da werden die Fantasien einzelner Menschen vorgeführt wie auf der „Sideshow“ das Zirkusses Barnum. Zwar erkennen wir, dass dahinter ganz gewöhnliche Nachbarn, ja sogar Anwälte oder Ärzte stehen, aber dennoch bleibt die Erkenntnis: ja, diese Menschen weichen ab, und das kann nicht gut sein. Und das, obwohl der wissenschaftliche Berater des Buches, Dr. Christoph Ahler, sagt, dass es so etwas wie eine Normalität im sexuellen Bereich nicht gäbe. Wörtlich:

Den Begriff der Normalität gibt es in der Sexualwissenschaft deswegen nicht, weil Sexualität einem ständigen zeitlichen und kulturellen Wandel unterworfen ist.

Diese Bücher chargieren zwischen dem, worüber Menschen fantasieren, dem, was sie sich gelegentlich erfüllen lassen und dem, was sie im Alltag leben. Oftmals wird die Grenze zwischen „der Fantasie“ und “der Realität“ so hoch angesetzt, dass die Fantasie wie ein Schutzraum eingemauert wird – dies ist auch bei der von mir erwähnen Studie der Fall. Doch in Wahrheit fließt die Fantasie in den Alltag ein, wird im Rollenspiel durchaus ausgelebt, findet aber tatsächlich nur selten Eingang in den „harten“ Alltag. Wobei die Frage bleibt, ob dies so ist, weil sich eine Hürdenstrecke zwischen Fantasie und Alltag befindet, oder einfach so, weil Sexualität nicht den Stellenwert hat, den Sexualforscher ihm zumessen. Denn Fantasien sind immer und überall schicker als die Realitäten.

Oh, da wer noch „Die Versteckte Lust der Frauen“, die immerhin auf härteren und äußert modern ermittelten wissenschaftliche Fakten beruht als die etwas eigenartig zusammengetragenen Fantasien aus „Klick Mich An“ und „Sex im Kopf“. Letztendlich las ich noch „The Pleasure’s all Mine“, eine Betrachtung sogenannter „Perversionen“ von der Antike bis in die Jetztzeit.

Gib es eine Linie, die die Bücher vereint? Was ist, abseits der Sensationen, darüber zu berichten?

Kaum Veränderungen seit der Antike – aber Frauen holen auf

Wer einerseits Abstand hält und andererseits nach intelligenten Verbindungen zwischen den einzelnen „Abweichungen“ sucht, kommt bald darauf, dass sich seit der Antike oder der erotischen Literatur des 19. Jahrhunderts gegenüber der Jetztzeit kaum etwas verändert hat. Je mehr Menschen lasen, und je mehr sie Kommunikationswege fanden, um sich über ihre Lüste auszutauschen, umso mehr Einsichten gewannen sie. Fantasiebegabte, offene und intelligente Menschen waren die Ersten, die ihre eignen verborgenen Lüste auch in andren erkannten und sowohl darüber lasen als auch darüber schrieben. Frauen lasen und schrieben bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts deutlich seltener erotische Literatur, aber das hat sich inzwischen gründlich verändert.

Wer viele Zahlen, Daten und Erfahrungen hat, sollte ein Résumé ziehen können, doch das gelingt erstaunlich selten. In einem der Bücher, das wissenschaftlich klarer und exakter definiert als die anderen, ist folgender Absatz zu lesen:

Die Geschichte der sexuellen „Perversionen“ steckt noch in den Kinderschuhen. „Weitere Forschungen und Diskussionen über sexuelle Vielfalt … sind nötig, wenn wir verstehen wollen, wie und warum sich sexuelle Aktivitäten und die Sexualität selbst zu dem entwickelt haben, was wir heute vorfinden.

Wer doch ein Fazit wagen will, muss ähnliche Abweichungen zusammenfassen, kumulieren und vergleichen. Dort, wo dann die Schwerpunkte zum Vorschein kommen, finden wir den neuen sexuellen „Mainstream“. Leider wird dies oft vergessen, wenn Abweichler wie Exoten vorgeführt werden.

Menschen fantasieren stark über „abweichende“ sexuelle Verhaltensweisen

Soweit die Forschung. Inzwischen hat man einige Daten, die tatsächlich verlässlich zu sein scheinen. Sie beantworten die Frage, was heute noch als „Abweichungen“ angesehen wird. Die Liste ist lang und überrascht zumindest jene, die noch nicht wussten, wie stark insbesondere Frauen bei den als extrem geltenden Dominations- und Unterwerfungsfantasien aufgeholt haben. Sieht man sich die Liste an an, so kann man sagen, dass die meisten „perversen“ Fantasien, über das man sich an den Stammtischen das Maul zerreißt, inzwischen von 30, 40, 50 oder mehr als 60 Prozent der Befragten durchaus goutiert werden. Das gilt zumindest für die Fantasien.

Zeige nicht mit den Fingern auf andere – forsche an dir selbst

Was generell gelten sollte, wenn man über Abweichungen spricht, stand über dem Orakel von Delphi: „Erkenn dich selbst“ – und das heißt: Erforsche erst mal den Balken im eigenen Auge, bevor du den Splitter in den Augen der anderen suchst.

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