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Die Wahrheit beim Dating ist langweilig – die Lüge auch

Auch in der Realität: k(l)eine Lügen

Kaum eine Woche vergeht, in der nicht irgendein geschwätziger Journalist die Story von den „verlogenen Partnersuchenden“ im Internet aufgreift. Wer genau hinsieht, wird freilich merken: Das, was dort als „Lügen“ bezeichnet wird, ist kaum mehr als ein klein wenig „corriger la Fortune“ (dem Glück etwas nachhelfen). Natürlich kann man es auch anders interpretieren: Dann lügen eben etwa 81 Prozent über ihre Grunddaten, wie etwa Alter, Gewicht und Größe. Dies will Catalina L. Toma von der Michigan State University mit Ihrem Team festgestellt haben. (Lesen Sie dazu auch bitte die NYT) Die Nachricht klingt schlechter, als sie ist: In Wahrheit lag die mittlere Abweichung beim kritischen Gewicht der Damen bei etwa 3,9 Kilogramm, während die Herren bei der Größe in noch geringerem Umfang schummelten: Sie addierten im Schnitt 1,25 Zentimeter zu ihrer wahren Körperlänge. Auch die viel gehörte Behauptung, es würden „Jugendbilder“ veröffentlicht, konnte durch die Studie nicht bewiesen werden. Im Schnitt waren die Bilder der Damen anderthalb Jahre alt, die der Männer etwa ein halbes Jahr.

Die Behauptung, in der Welt des Online Dating würde gelogen, dass sich die Balken biegen, die von Journalisten gerne verbreitet wird, ist also eine reine Mutmaßung, die verwendet wird, um die entsprechenden Medien und Online-Medien mit dem „Empörungseffekt“ besser zu verkaufen.

Die Welt der Menschen-Vermessungen

Drehen wird die zeit 20 Jahre zurück: von Online Dating keine Spur. Zeitungsanzeigen sind das Mittel der Wahl, wenn man überregional sucht, und Datensammlungen werden nicht angelegt. Männer sind „Herren in den besten Jahren“ oder „Endvierziger“, Frauen „Enddreißigerinnen“ oder „Mädchenfrauen“. Sicher – auch das genaue Alter wurde oftmals angegeben, doch dann folgte bereits die Korrektur: „Frau, 42, deutlich jünger aussehend“ oder „Reifere Dame, 52, kein Oma-Typ“. Die Größe wurde gelegentlich angegeben, das Gewicht aber meist verschwiegen – bei Damen war es schon eher üblich, die Haarfarbe anzugeben.

Heute legen die Anbieter im Internet Datenbanken an – mit präzisen Zahlen. Alter, Gewicht, Körperlänge, Ausbildung und Einkommen, Hobbys, Speisegewohnheiten, Familienstand und gelegentlich auch die Haarfarbe – alles wandert in die Datenbank. Am Ende stehen wir dort wie in einem Regal, etikettiert wie eine Ware – es fehlt nur noch das Verfalldatum.

Die zusätzliche Psycho-Vermessung

Als wäre dies noch nicht genug, stiehlt man uns auch unsere Psyche: Mindestens die Partneragenturen wollen ein komplettes Psychoprofil von uns – und wir schenken es ihnen voller Vertrauen. Doch auch dies Profil stempelt uns ab, und in diesem Fall sogar unkorrigierbar. Wir liefern uns damit erneut einer Datenbank aus und verlassen uns auf die Urteilsfähigkeit eines maschinell ausführbaren Vergleichsprogramms. Wieder werden uns Etiketten zugewiesen. Wir werden beurteilt, abgestempelt und eingeordnet, ohne die geringste Chance, uns dagegen zu wehren. Fairerweise müssen wir dies sagen: Online-Partneragenturen arbeiten auf der Grundlage des Psycho-Auswahlprinzips – sie sind also gar nicht in der Lage, uns diese Prozedur zu ersparen.

Bezichtigung der Lüge – ein beliebtes Spiel

Ein besonderes infames Spiel besteht darin, den Partner bei einem unerwarteten Verlauf des Blind Dates der Lüge zu bezichtigen. Typisch: Frau und Mann verabreden sich, und der Mann erkennt: Nein, diese Frau eignet sich nicht für eine Lebenspartnerschaft – doch statt ihr dies knallhart ins Gesicht zu sagen, denkt er sich: Schöne Hülle, und erotisch durchaus ansprechend – warum sollte man dann eigentlich nicht mit ihr die Nacht verbringen? Das geht übrigens inzwischen auch umgekehrt, wenn die Dame meint: „nein, solch ein Filou kommt mir nicht ins Haus – aber ein bisschen naschen – warum nicht?“ Eine Lüge? Nicht doch! Es handelt sich um eine Anpassung an die gegebenen Möglichkeiten, weiter nichts.

Wirklichkeitsnähe zählt – Wahrheitswahn schadet

Der bereits genannte Vermessungswahn führt dazu, dass wir namhafte Chance verpassen – warum das so ist, erklärte ich Ihnen gerne ausführlich – hier nur soviel: Wenn Sie eine Partnerin zwischen 30 und 35 suchen, verpassen Sie die 29-Jährige ebenso wie die 36-Jährige, die bei näherer Betrachtung des Profils besser gepasst hätte. Wenn Sie auf hohe Übereinstimmung der Matchingpunkte achten, verpassen sie möglicherweise eine humorvollere, kompromissbereitere oder liberale Partnerin, die viel besser zu Ihnen passen würde. Die Wirklichkeit lässt sich bei Menschen nun einmal nicht in „Produktbeschreibungen“ ausdrücken – lediglich im Rotlicht-Milieu bekommen Sie dabei, was sie suchen: Für zwei Stunden spielt Ihnen der Callboy oder das Callgirl vor, was Sie wollen – im richtigen Leben ist es nun einmal anders.

Wenn Sie die Partnersuche als „Suche nach einem Menschen, der mich nimmt, wie ich bin“ definieren, dann vergessen Sie bitte ganz schnell Ihren Etiketten-und Psychoglauben, begraben Sie ihren Wahrheitswahn und entdecken Sie statt dessen die Wirklichkeit. Nur dort kann sich Ihr Leben erfüllen.

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