Das Leben mit Gockeln, Stechern und Wichten
Monika Götz-Bellmer hat sich vor einigen Jahren auf Partnersuche begeben, und glaubt nun, der weiblichen Welt Einblicke in den skurrilen Männerzoo geben zu müssen, den sie bei dieser Gelegenheit kennengelernt hat. Ihr Buch trägt den Titel „Von Gockeln, frechen Stechern und anderen kleinen Wichten“ und den Untertitel „über die Partnersuche in den Medien“. Den Haupttitel lasse ich mal stehen als Unterhaltungsliteratur für Frauen, die sich kräftig über Männer erregen wollen – mir war der Untertitel wichtiger. Ich hatte bereits angekündigt, das Buch zu besprechen.
Zunächst aber ein Wort zum Inhalt: Die Autorin und einige Freundinnen im Alter um die 60 suchen über Partnerinstitute, Internet-Dienste und Zeitungsanzeigen Partner. Dabei treffen sie auf allerlei Merkwürdigkeiten, die in dem Buch recht ausführlich und teils deshalb auch äußerst langatmig behandelt werden. Eine dieser Merkwürdigkeiten trägt den Namen „Mann“ und wohl deshalb heißt es im Untertitel zusätzlich: „Für Männer verboten“.
Männer sind also merkwürdig – allerdings nicht alle. Die Autorin lernt ein paar „ganz gewöhnliche“ Männer kennen, die allerdings einen Nachteil haben: Sie erweisen sich als wenig interessiert. Diejenigen, die dann wirklich interessant sind, sind eben die „Gockel, Stecher und Wichte“, und sie nehmen einen großen Teil des Buches ein.
Was sagt das Buch über Online-Dating aus?
Der Teil, der für mich besonders interessant war, ist ein Kapitel über PARSHIP. Der Name steht ja wie kaum ein andere für Online-Partnervermittlungen, und damals (das Buch datiert von 2005) gab es auch noch kaum Wettbewerber (der Hauptkonkurrent, ElitePartner, wurde im April 2004 gegründet).
Im Buch wird beklagt, dass die Autorin in „der Lostrommel auf dem Jahrmarkt“ mehr Gewinne gäbe als bei PARSHIP, und sie greift PARSHIP daraufhin so an: „Vielleicht würden Frauen sich ab einem gewissen Alter einer anderen Organisation zuwenden und dort ihren Beitrag bezahlen“, wenn sie wüssten, wie die Alters- und Verteilungsstruktur ist.
Die Illusionen der Menschen und die Wahrheit beim Online-Dating
Ich nehme dies zum Anlass, einmal darauf hinzuweisen, wie viele Menschen sich Illusionen darüber machen, was eine Partneragentur leisten kann. Keine Partnerbörse dieser Erde ist ein Selbstbedienungsladen, indem von jeder beliebigen Ware immer genügend Vorrats vorhanden ist. Es ist eher wie beim guten Wein: Die besten Lagen und die interessantesten Jahrgänge sind schnell vergriffen, und der Händler hat keine Chance, Nachschub zu bekommen. Insofern ist es einfach Unfug, wenn die Autorin schreibt: „PARSHIP … (könnte) … reagieren wie jeder vernünftige Kaufmann, wenn seine Regale leer gekauft worden sind: Auffüllen und werben.“ Jeder in der Branche weiß, dass dies nicht funktioniert und warum es nicht funktioniert: Es gibt diesen Nachschub nicht, es sei denn, man kauft „Ramsch“ ein.
Männer unter 40 könnten ebenfalls lamentieren
Übrigens … das Problem, das Frau Götz-Bellmer schildert, findet sich selbstverständlich auch bei Männern, vor allem bei solchen zwischen 25 und 40: Ignoriert, liegen gelassen und benutzt zu werden. Dafür verantwortlich sind hauptsächlich die Abweichungen von Angebot und Nachfrage: Bereits wenige Prozent Überhang bei dem einen oder dem anderen Geschlecht in der jeweiligen Altersgruppe hinterlassen den Eindruck, das Angebot sei „gering“, weshalb fast alle Männer unter 40 beklagen, sie würden zahllose Körbe kassieren. Ich wundere mich ehrlich gesagt kaum darüber, dass es mancher Mann genießt, mit über 50 dann die „freie Auswahl“ zu haben und dabei sicherlich auch mancher Frau weh tut.
Es gibt sie nicht – „die Männer“
Noch ein letztes Wort: Das Buch hinterlässt den Eindruck, dass „die Männer“ Schuld an der Misere „der Frauen“ tragen – und damit reiht es sich in eine ganze Gruppe von Büchern ein, die in diesem Sinne geschrieben werden – auch im umgekehrten, wie ich gerne hinzufüge. Es ist nun aber nicht so, dass „Frauen“ auf „Männer“ treffen, sondern Lisa trifft Fritz und Kelvin trifft Anja. Was sie daraus machen, liegt alleine in ihrer Verantwortung – und sonst gar nichts. Ich persönlich wäre deshalb froh, wenn die Aussagen über „die Männer“ bei den Damenkränzchen und die Aussagen über „die Frauen“ bei den Stammtischen blieben und nicht in Bücher wandern würden.