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Sexualkunde: Kulturkampf oder kleinkarierter Ideologen-Zoff?

Baden-Würtemberg wird langsam zur Lachnummer. Als ob es keine anderen, interessanteren Themen in der Schwabenmetropole gäbe, zofft man sich – wie schon so oft – angeblich um die Sexualkunde. In Wahrheit geht es aber um etwas anderes – um Religion, Ideologie und konservative Familienwerte.

Lesen Sie in der Welt, worum es – angeblich – geht. Dort wird der Ikone des Elternrechts, einer gewissen Hedwig von Beverfoerde, viel Raum gegeben – so, als hätte sie nicht längst die überproportionale Aufmerksamkeit der Medien. Sie sei „wohl keine Ideologin“ bemüht sich WELT-Autor Wolfgang Büscher festzustellen. Liest Büscher keine Blogs? Was ist sie dann, wenn nicht eine religiös movierte Fanatikerin?

Es ist aber nicht allein Frau von Beverfoerde, die in der lächerlichen Diskussion um den Sexualkundeunterricht falsch liegt. Er liegt in dem Gedanken, der Staat sei eine Instanz, die vermittels der Schule korrigierend auf das Elternhaus einwirken könnte – und dies in jede beliebige Richtung. Die Katholikin Hedwig von Beverfoerde glaubt also, dass die Schule etwas „negativ korrigieren“ könne, was die Familie als feste Burg Gottes und Hort des guten Menschen bereits festgemeißelt hätte. Und die absurd argumentierende Politikerin Katrin Altpeter glaubt an die „erziehende Hand des Staates“, die wieder Gutbeten könne, was das Elternhaus versäumt hat.

Man fühlt sich wie in Absurdistan bei der Überschätzung der Schule. Beide Frauen – die Kampagnenreiterin wie die Politikerin – überschätzen den Einfluss der Schule auf die Erziehung zu Werten. Die Schule hat nicht diesen unendlich großen Einfluss auf „Familienwerte“ wie stets behauptet wird. In Wahrheit hat die Familie selbst diesen Einfluss, lange, bevor das Töchterchen oder das Söhnchen in der Schule Sexualkunde hat. Was ein Kind in der Familie erlebt, in der es aufwächst, das ist die Realität – und darin entsteht Wert und Unwert, Zustimmung und Widerspruch.

Oder einfacher: Nicht die Schule bestimmt das Verhalten der Kinder, sondern die Eltern. Den Spruch „ich glaube an die erziehende Hand des Staates“ mag ja gut gemeint sein. Aber „Staat“ beginnt nicht bei „Schule“ und endet dort auch nicht. Wer den Schulbetrieb kennt, weiß, dass die meisten Eltern gerne alles an die Schule delegieren würden – von der ethischen und sozialen Erziehung über die Hausaufgabenbetreuung bis hin zum Verständnis der Sexualität. Mit anderen Worten: Eltern schieben normalerweise gerne an die Schule ab, wozu sie selbst nicht in der Lage sind.

Die Diskussionen um den Sexualkundeunterricht ist ein elender Streit, der die Gesellschaftsordnung vergiftet. Und es ist ausgesprochen fragwürdig, ob es bei dem Streit überhaupt um Sexualkundeunterricht geht oder um nichts als religiöse und weltanschauliche Verblendung. Die Wahrung der Elternrechte? Das ist schon seit den 1970er Jahren ein Zoff-Thema im Schwabenland, lange, bevor es das Internet gab. Wie wäre es mal mit einer „Aktion Elternpflicht?“

Ninweis: Der Zoff um das Familienrecht (und Kinderrechte) ist alt: Hier im konservativen Ostpreußenblatt von 1979.

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