Partnerwahl als „Die Suche nach dem Besten“ ist Unsinn
Der Pferdefuß der Partnerwahl online ist schon lange gefunden. Man hat ihn lange Zeit als „Vorteil“ angesehen, und muss jetzt schmerzlich erkennen, dass er nichts als ein Problem darstellt.
Gerade sagte es der Literaturkritiker Richard Kämmerlings auf einer Veranstaltung (Zitat):
Wenn man nämlich in den Partnerbörsen der perfekten Frau oder dem perfekten Mann hinterherjagt, aber bei jeder passenden Gelegenheit weiß, dass es bestimmt noch eine bessere gibt.
Das Problem ist nicht die angeblich zu große Auswahl
Nun könnte man meinen, das Problem sei die „zu große Auswahl“ – dazu gibt es Marketingtheorien, die allerdings im Bereich der Liebe nicht belastbar sind. Dennoch trommelt eine der kleineren Partneragenturen ständig den Marsch, dass eine geringe Auswahl besser ist als eine große. Mathematisch ist das innerhalb der Größenordnungen, von denen wir beim Online-Dating reden, Unsinn. Die „große Auswahl“ gibt es nur bei minimalen Vorstellungen, großen Städten, riesigen Toleranzen oder deutschlandweiter Suche in Singlebörsen ab etwa 100.000 „realen“ (zahlenden) Mitgliedern. (1)
das Problem ist die „Suchmatrix“
Nein, das Thema ist ein anderes – es liegt in der „Suchmatrix“, die so aussieht:
– Finde den besten aller möglichen Partner per Vorauswahl der vorhandenen Kriterien, dann triff dich mit ihm.
Es ist versucht worden, dieses System seitens der Betreiber zu modifizieren, es lautet dann:
– Finde den am besten passenden aller möglichen Partner per Vorauswahl und per Übereinstimmung namhafter Kriterien, indem wir sie dir vorschlagen und die sie dann triffst.
Obgleich das zweite Verfahren unzweifelhaft Vorteile hat, funktioniert es nur in einem Bruchteil der Fälle. Verantwortlich sind dafür im Grunde nicht die Unternehmer, sondern die Kunden: Sie glauben, im „Punktesystem“ einen Garanten für Übereinstimmung sehen zu könne. Genau das ist aber nicht der Fall. Neben den psychologischen und technischen Problemen, die bei diesem „computerisierten Abgleich“ auftreten, sind es die Kunden selbst, die eines nicht berücksichtigen: «Das „Match“ mag perfekt sein – aber bin ich die richtige Person? Mit anderen Worten: Erfülle ich meine eigenen partnerbezogenen Kriterien, bevor ich mich darauf einlasse, möglichen Kriterien anderer zu genügen?» Das Problem ist ja: Die Eigenschaften eines Menschen sind für Beziehungen null und nichtig, wenn er sie nicht in Beziehungen positiv einzubringen versteht.
Sagen wir es mal mit den Worten einer Autorin:
Das Problem (beim Online-Dating) … besteht darin, dass es grundsätzlich befremdlich ist, den Menschen, den Sie treffen wollen, nach seinen Eigenschaften herauszusuchen. Die Menschen, die sie im wirklichen Leben wählen, werden hingegen niemals all diese Kriterien erfüllen. Beim Internet-Dating werden sie ermutigt, sehr genau auszuwählen, wen Sie wirklich wollen – und dabei ignorieren Sie eine große Anzahl von Menschen, die tatsächlich perfekt für Sie sein könnten.
Warum Online-Dating paradox und damit unsinnig werden kann
Daraus ergibt sich ein Paradoxon:
– Je mehr sie nach den üblichen Kriterien suchen (oder suchen lassen), umso mehr vernachlässigen Sie Menschen, die in anderer Weise zu Ihnen passen könnten. Indem Sie sich nun auf immer bessere „Matches“ konzentrieren, ignorieren Sie mehr und mehr mögliche Partner, bis Sie schließlich feststellen, dass FÜR SIE (online) gar kein Partner vorhanden ist.
Wie man die paradoxe Situation „Online Dating“ auflöst
Diese paradoxe Situation kann abgemildert werden, indem Sie die „Matches“ als interessantes Spiel ansehen und sich mit all jenen Treffen, deren tatsächliches Profil oder deren E-Mail-Antwort Ihnen am besten gefallen hat. Zwar geben die Online-Partneragenturen jederzeit zu, dass sie „nicht für das Verlieben garantieren“ können, aber sie geben nur sehr ungerne zu, dass Partner beim Date ganz andere, möglicherweise viel interessantere Kriterien aneinander entdecken. Ich habe oft genug geschrieben, welche dies sind und will es hier nicht wiederholen.
(1) Entsprechend einem Umsatz zwischen ca. 10 – 50 Mio. Euro – wer bessere Zahlen hat, möge sie mir nennen.
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