Das schräge Frauenbild – doch wer hängt schräg?
„Was ist mit seinem Frauenbild?“ – eine erstaunliche Frage, wie ich meine. Wir reden von Frauen des 21. Jahrhunderts – selbstbestimmte, emanzipierte Frauen, die ihre Bedürfnisse kennen, akzeptieren und erfüllen. Doch was erwarten die Betrachter und Leser? Sie wollen, dass wir die Frau heiligen, sie auf Podeste stellen wie die Jungfrau Maria in der katholischen Kirche – und dann sollen wir möglichst noch auf die Knie fallen und sie lobpreisen.
Nicht nur ich werde bezichtigt, eins schräges Frauenbild zu haben – es geschieht jedem, der die Schwächen des weiblichen Geschlechts (die im Übrigen den Schwächen der Männer recht ähnlich sind) ins Rampenlicht zerrt.
Gerade hat sich ein Fernsehkritiker erfrecht, einen Regisseur zu bezichtigen, „falsche“ Frauenbilder zu vermarkten. Man denke, ausgerechnet im deutschen Krimi, in dem doch nahezu alle Figuren Zerrbildern entsprechen?
Das liest sich dann so:
Warum masturbiert eine Frau im Dirndl im Gasthaus, nur, weil sie einen feschen Politiker sieht? Warum nimmt die Schulsekretärin Geld für Sex? Warum gibt sich die Kurdin im Auto dem Fiesling hin? Und was bitte hat Dominik Graf eigentlich für ein Frauenbild?
Da haben wir es: „Was hat Dominik Graf eigentlich für ein Frauenbild?“ Wenn das schon angesichts einer Fantasiegeschichte gefragt wird, dann muss wohl erlaubt sein, kräftig dagegenzuhalten: Autoren schreiben nicht über Ihr Bild der Menschheit, sondern über ein Bild, das sie aus der Realität in die Illusion übersetzen. Ich muss gestehen, dass ich nicht weiß, wie Herr Graf oder die ARD denkt. Aber Frauen onanieren nun einmal (wenngleich selten im Dirndl, wie delikat) auf alles, was sie geil finden. Und ja, sie besitzen dazu unendlich viele Sexspielzeuge. Und mir ist bewusst, dass Frauen „Geld für Sex“ (welche ein profaner Begriff) nehmen, von denen man dies niemals vermuten würde. Nur bin ich nicht so dämlich zu fragen: „Warum tun die das?“ Mir reicht zu wissen, dass sie es tun – und warum sie es tun, das werden sie wohl selber wissen, denke ich.
Die Realität? Sie ist gespalten. Die prominente Bi-Frau hat ihr „Coming-out“ und wird von der Boulevardpresse dafür bejubelt, aber wenn die Direktionssekretärin gestehen würde, dass sie zwei Dutzend Vibratoren im wechselnden Einsatz hat, wäre die Hölle los. Überhaupt: Lügen sind seliger als Wahrheiten, soweit es Frauen betrifft. Ich habe noch selten von einer Frau gehört oder gelesen, die über ihre plötzliche Sex-Eskapade sagte: „Ich hab es getan, weil ich verdammt geil war und es wirklich brauchte.“ Selbst, wenn sie prominent ist und nichts anderes zutrifft, darf sie es nicht sagen, weil die gleiche Idiotenpresse sie dann sofort als „Schlampe“ an den Pranger stellt.
Frauenbilder? Männerbilder? Ich kann es nicht mehr hören, ehrlich. Es wäre an der Zeit, Sexualität als selbstverständlich hinzunehmen – und damit auch die Tatsache, dass Frauen Lüste verspüren. Und ich würde vorschlagen, dass vor allem die betroffenen Frauen selbst einmal damit beginnen würden, ihre Edelmenschenkorsetts abzulegen.
Bild © unknown – vermutlich 1950er Jahre Magazin.