Wissenschaft: fahrlässige Täuschung bei Bi-Sexualität?
Das Online-Magazin „Nerve“ hat getan, was schon lange fällig war: Die Wissenschaft von der sexuellen Orientierung als das entlarvt, was sie ist: Bullshit oder „Wissenschaftsmüll“. Man hat dies an bisexuellen Menschen aufgehängt, die für die Wissenschaft ausgesprochen lästig sind, weil sie nicht in das vorgedachte Schema passen – hier Schafe, dort Böcke.
Es gibt einen Teil unserer Mitmenschen, die absolut und ausschließlich eine einzige sexuelle Ausrichtung haben: bewusst und ausschließlich homosexuell lebende Frauen und Männer auf der einen Seite und absolut standfeste heterosexuelle Frauen und Männer au f der anderen. Die Frage ist freilich: Birgt dieser „Absolutheitsanspruch“ etwas Positives? Oder grenzt er die Sexualität ein auf ein Entweder-oder-Prinzip?
Die Wissenschaft findet darauf keine eindeutige Antwort. Sexologie ist ein schreckliches Gemenge aus Fakten, Ideologien, Scheuklappendenken und Meinungsbeeinflussungen. Ja, die „Wissenschaft“ ist nicht einmal in der Lage, uns zu sagen, wie sicher ihre angeblichen „Zahlen und Fakten“ sind, die sie uns präsentiert.
Woran liegt das? Vermutlich daran, wie gefragt und bewertet wird – dazu hier einige Beispiele:
1. Wie wird gefragt? Online, telefonisch oder direkt, im Rahmen anderer Erhebungen oder als Gender-Studie?
2. Wer wurde gefragt? Nur Studenten?
3. Welche Gefühle für Menschen wurden als „sexuell“ oder „erotisch“ eingestuft?
4. Gab es eine Skala der Empfindungen?
5. Wie wurden die Aussagen gewichtet?
Der Schöpfer des Unheils – Richard Freiherr von Krafft-Ebing
Gehen wir auf den unsäglichen, aber leider immer noch zitierten forensischen Psychiater Krafft-Ebing zurück, so sind bisexuelle Männer immer homosexuell – sie versuchen nur, dies zu verbergen.
Der Schocker: Kinsey
Kinsey verwendete erstmals in großem Stil die „Skalierung der Sexualität“, wobei sich ergab: Männer sind ganz schön schwul – Frauen aber äußerst selten lesbisch. Entsprechend wurde angenommen, dass Männer eher zur Bisexualität neigten als Frauen. Bis heute ist nicht ganz klar, wie derartige Ergebnisse zustande kommen konnten. Die Skalierung an sich war sicher richtig – aber woher die verwirrenden Ergebnisse kamen, ist völlig unklar.
Alle Bi-Männer sind schwul – das 19.Jahrhundert kommt zurück
Das 19. Jahrhundert hat die Sexualforschung nachhaltig beeinflusst – und später wurde man kaum klüger, geschweige denn differenzierter. 1979 glaubten „Wissenschaftler“ herausgefunden zu haben, dass bisexuelle Männer genau wie homosexuelle Männer reagieren. Sie forschten an 30 männlichen Exemplaren.
Ende 20. Jahrhundert-Bi-Männer sind verkappte Homosexuelle
Gegen 1990 kam eine Bewegung auf, die von jedermann verlangte, sich zu seiner sexuellen Ausrichtung zu bekennen. Dabei wurde bald unterstellt, Bi-Männer seien verkappte (oder noch nicht ausreichend geoutete) Homosexuelle. Der Höhepunkt wurde gegen 2005 erreicht, als „Forscher“ behaupteten, es gäbe gar keine männliche Bisexualität. Alle bisexuellen Männer seien in Wahrheit nichts als schwul. Wieder wurden ganze 33 zweifelhafte Probanden (angeblich „wissenschaftlich“) untersucht.
1990 – Nun wurden Bi-Frauen interessant
Frauen galten noch in den 1990er Jahren (trotz vieler gegenteiliger Beispiele) als wenig an lesbischen Handlungen interessiert. Bi-Sexualität wurde, so die übliche Lehrmeinung, bestenfalls in der Pubertät ausgelebt, sozusagen als „Zärtlichkeitserotik“ mit anderen Frauen. Wie es scheint, sorgten sowohl „knallharte“ Hetero-Frauen wie auch ebenso knallharte lesbische Frauen dafür, dass der Status quo möglichst erhalten bleiben sollte: entweder lesbisch oder hetero.
2010 – Bi bei Frauen wird chic, und Männer können bisexuell sein
Erstaunlicherweise änderten „Wissenschaftler“ ihre Meinungen schnell, als der Wind aus einer anderen Richtung blies: Immer mehr Frauen zeigten sich als Bi-neugierig oder lebten offen ihre Beziehungen (oder auch nur Lüste) mit dem gleichen Geschlecht. Die Wissenschaft zog nach, diesmal auch zum Ärger der LGBTQ-Gemeinschaft. Sie besteht weitgehend darauf, dass eine sexuelle Orientierung sich niemals ändert, und dass es keine freie Wahl bei der sexuellen Präferenz gibt. Es wird nach und nach unter Frauen chic, ein bisschen bi zu sein oder dann dun wann eine Affäre mit einer Frau zu haben. Auch für Männer wird plötzlich festgestellt: oh ja, da gibt es homoerotische Neigungen und Seitensprünge – und sicher auch die Neigung, sich mal von einem, dann wieder vom anderen Geschlecht verwöhnen zu lassen.
Ein Nachwort
Das Grundproblem beim Wort „sexuelle Orientierung“ besteht darin, dass nur Entweder-oder gibt. Besser wäre, von „bevorzugter“ Orientierung zu sprechen. Der sehnsüchtige Blick „über den Zaun“ bei vielen „eigentlich“ heterosexuell orientierten Frauen und die Hingabe an anale Freuden bei den „eigentlich“ heterosexuellen Männern spricht für sich. Die gekapselte Sehnsucht, sowohl vom andere wie auch vom eignen Geschlecht attraktiv gefunden zu werden, ist ohnehin fast jedem gegeben. Und dies sollte diejenigen beruhigen, die sich niemals als „ausschließlich“ heterosexuell oder „ausschließlich“ homosexuell, ja, nicht einmal als „gezielt“ bi-sexuell einordnen lassen wollen.
Wissenschaftliche Details lesen Sie bitte bei Nerve nach.