Die äußerst profane Erfolgsgeschichte eines Dating-Hackers
Die äußerst profane Geschichte eines Dating-Hackers kann man natürlich mit „Mathematiker findet wahre Liebe mit Dating-Seiten-Hack“ betiteln. Diese Überschrift entspricht allerdings nicht den Tatsachen, sondern ist nichts als eine Story, die von einschlägigen Medien mit Vorliebe verbreitet wird. Ursprung ist ein Artikel in „Wired“ – und wer bis zum Ende liest, findet dort auch die Wahrheit.
Eine angebliche „Sensation“ über einen Hacker, der die Datenbank von OK Cupid in den USA ausschlachtete, um mit einem „eigenen Algorithmus“ die „Liebe fürs Leben“ zu finden, ist in Wahrheit äußert profan, jedenfalls dann, wenn man den „persönlichen Teil“ ansieht. Genial ist nur der rein mathematisch-technische Teil und der riesige Aufwand, mit dem Daten aus der Singlebörse OKCupid abgezogen und bewertet wurden.
Das Geheimnis lag in der Optimierung des persönlichen Profils
Tatsächlich hat der junge Mann sein Profil mithilfe zahlloser interessanter und ohne Zweifel genialer Maßnahmen so optimiert, dass es besonders viele Frauen ansprach.
Algorithmus kontra Realität: Das Modell war nicht alltagstauglich
Dennoch benötigte er 55 Dates um seine angebliche „Traumfrau“ zu finden – eine enorme Anzahl, die nicht dafür spricht, dass sein angeblicher „Algorithmus“ von dem die Presse teilweise berichtete, wirklich funktioniert hat. Im Gespräch mit „Wired“ musste das neue Paar auch genau dies zugeben:
Es ist nicht so, dass wir zusammenpassen und deshalb eine gute Beziehung haben. Es ist nur ein Mechanismus, der dafür sorgte, dass wir zusammentrafen. Ich war in der Lage, OKCupid zu nutzen, um jemanden zu finden.
Seine Freundin, nunmehr seine Verlobte, sagte sogar dazu:
Du hast nicht nicht gefunden – ich fand dich.
Drei wichtige Erkenntnisse aus dem „Datenhack mit romantischem Ende“:
1. In Wahrheit hat der Mathematiker gar keinen neuen Algorithmus entwickelt, er hat lediglich eine Methode gefunden, sein Profil zu optimieren.
2. Die wichtigste Entdeckung: Profile ziehen bestimmte Gruppen von Interessenten an. Daraus ergeben sich zahllose neue Aspekte, die einen umfassenderen Artikel erfordern würden, als es dieser kurze Beitrag kann. (1)
3. Technisch erstellte „Matches“ – egal, wer sie erstellt hat, sind nahezu völlig wertlos. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dann hat der Mathematiker diesen Beweis geliefert – und nicht etwa den Gegenbeweis, denn 55 erfolglose Treffen sprechen nicht dafür, dass ein Algorithmus „stimmt“.
Auf diese Weise kann eine angebliche Sensationsstory schnell als das entlarvt werden, was sie ist: Abgesehen vom Datenhack ist es die ganz gewöhnliche Geschichte eines Mannes, der sich bei der Partnersuche ständig selber im Wege ist. Vermutlich hat dies seine letzet Dating-Parterin erkannt und die initiative übernommen, das Mathematik-Genie mit Chinesischkenntnissen zu kapern.
(1) Der Mathematiker widerlegt damit beispielsweise die Behauptung, dass es „ehrliche Profile“ gäbe, und er beweist damit Implizit auch, das technisch erzeugte „psychologische“ Persönlichkeitsprofile (wie sie bei Online-Partnervermittlern verwendet werden) die gewünschte Zielgruppe – wenn überhaupt – nur zufällig treffen.