Dating-Verhalten: Bedingt glaubwürdig
Das Blind Date: Es ist vollgepackt mit Erwartungen und Befürchtungen. Doch zusätzlich ins Gepäck wird dem Partnersuchenden noch die Last bestimmter Verhaltensmuster ins Gepäck gelegt: Die berühmten Dos und Donts: Tu dies – tu jenes nicht.
„Richtiges“ Dating-Verhalten – ein Blödsinn
Wissenschaftlich tragfähig ist keines dieser künstlichen aufgeschminkten Verhaltensmuster. Kommunikation ist ein Zusammenspiel zweier Personen mit ungewisser Entwicklung. Jedes Wort, jeder Satz und jede Geste kann sowohl in die ein wie in die andere Richtung führen. Ein „Verhaltensmodell“, das bei einer 40-jährigen Dame aus dem Villenviertel am Stuttgarter Killesberg erfolgreich war, kann bei einer 30-jährigen Journalistin aus der Altstadt von Bad Cannstatt Lachsalven auslösen – durchaus bei gleichem Bildungsgrad.
Verhalten – viele Komponenten, ein Eindruck
Generell setzt sich „das Verhalten“ aus allerlei Komponenten zusammen, die gar nicht einfach zu beeinflussen sind. Überspitzt gesagt:
Ein übergezogenes Kondom aus bürgerlichem Wohlanstand ist nichts wert, wenn sich daruner bereits der Bedürfnishorizont wölbt.
Unser Körper spricht, ohne dass wir es wollen – unsere Augen werden bald stumpf und abweisend, bald glänzend und begehrlich. Die verräterischen Mundwinkel und die feine Wangenmuskulatur verraten mehr über unsere Gedanken als unsere Worte. Unser Verhalten? Es besteht nicht nur aus Mimik, Gestik und einem Schwall von Worten – das sind nur die Komponenten. Unser Partner versucht, sich ein Gesamtbild zu machen, und er erkennt meist die kleinen Ungereimtheiten in unserer Person, auch wenn sie noch nicht in sein Bewusstsein eindringen.
Verhaltensmanipulation beim Date? Absoluter Unfug!
Ist es überhaupt wünschenswert, das Verhalten beim Date „positiv“ zu beeinflussen?
Die Antwort müsste eigentlich ein klares und eindeutiges „Nein“ sein – aber das ist nahezu all diesen Ratgeber-Schreiberlingen nicht genug. Sie erzeugen den Eindruck, dass es eine Art „Schnellbleiche“ für ein erfolgreiches Date gäbe. Was sie darin einwicklen, ist zumeist Großmütterleins Benimmbuch – und darin stehen keine „belastbaren“ Tatsachen. Wäre es nur das Buch für „Gutes Benehmen der bürgerlichen Stände“, so ginge es eigentlich noch – Höflichkeit beispielsweise kann ja nicht schaden. Doch die Autorinnen und Autoren versuchen zumeist, noch einen dicken Batzen Ideologie und Manipulation hineinzupacken, und das heißt dann „erfolgreiches Verhalten“.
Übersexte Jungs, sich zierende „Mädchen“ in Ratgebern
Extrembeispiele sind die Bücher für übersexte Jünglinge, auch PUA-Literatur genannt, die darauf hinauslaufen, Frauen durch Tricks in die Flachlage zu bringen. Sozusagen das Alternativprogramm und die Anweisungen für beziehungsversessene Dämchen, sich möglichst solange zu zieren und zu verstellen, bis sie Ihre Kerle fest an der Angel haben. Beide Anweisungen kommen aus den USA, sind aber leider auch in Deutschland vielfach in entsprechende Bücher kopiert worden.
Klipp und klar: „Das erfolgreiche Verhalten“ gibt es nicht – nur dort, wo man versucht, den Blind Date Partner hinters Licht zu führen oder zu betrügen, werden „feste“ Verhaltensregeln benutzt. Wo man hingegen nach einer tragfähigen Beziehung sucht, gilt die „offene Kommunikation“, also ein Gespräch ohne festes Ziel, als geeignetes Mittel zum Kennenlernen. (1)
Das willentliche Verhalten wird fast immer überschätzt
Ich will Ihnen einen Hinweis geben, der für viele Lebensbereiche gilt: Ein Date kann wegen Ihres Verhaltens, trotz Ihres Verhaltens oder völlig losgelöst von Ihrem Verhalten erfolgreich sein. Das liegt in erster Linie daran, dass Ihr „gesteuertes“ Verhalten in Wahrheit nur einen äußerst geringen Einfluss darauf hat, ob sie der Partner ins Herz schließt. Ich verkenne dabei nicht, dass es sogenannte „Killerphasen“ und „Fettnäpfchen“ gibt, die man besser vermeidet – aber das ist keine Frage von Blind Dates.
Klares Verhalten beim Blind Date – mit sicherem Erfolg
Ja, und wie soll man dann zum Blind Date gehen? Es gibt nur eine Möglichkeit, mit der Sie wirklich punkten: Seien Sie bitte SIE SELBST. Das hat einen sehr einfachen Grund: Wenn eine Beziehung daraus werden sollte, dann stellt sich sowieso heraus, dass Sie nichts anderes sind – außer SIE SELBST.
Etwas, das sie wirklich nicht tun sollten: Spielen sie keine Person, die auf ein Date geht und damit etwas zu erreichen versucht – doch das ist genau das, was ihnen viele Dummschwätzer einreden wollen.
Fünf ultimative Verhaltenstipps und Verhaltensirrtümer
Noch einige Tipps? Bitte schön – Tipps sind kostenlos, aber nicht für jeden verwertbar. Dennoch stelle ich hier fünf Tipps für Sie zusammen:
1. Gesamteindruck. Der Gesamteindruck entsteht im Kopf des Partners und umfasst Haltung, Mimik, Gestik, Sprache, Düfte und alles andere, was Sie sind – auch Kleidung und Schmuck. Aus ihm entsteht die Frage, ob Sie ein Mensch für Beziehungen, fürs Bett oder für die Hundehütte sind.
2. Erster Eindruck. Glaubt man der Literatur, so ist der erste Eindruck absolut prägend. Glauben Sie es nicht – der erste Eindruck kann leicht manipuliert werden – ein längeres, offenes Gespräch ist viel schwerer zu manipulieren.
3. Kleidung. Dezente, dem Anlass entsprechende Kleidung ist interessanter als das „Auftakeln“ zum Date. Beim Auftakeln merkt der Partner, dass ihm eine zweifelhafte Hülle präsentiert wird.
4. Schminken (Frauen). Auf keinen Fall zu stark schminken – eher so, als ob Sie zum Kunden oder ins Büro gehen würden.
5. Kommunikation. Versuchen Sie, das Gespräch sanft und einfühlsam zu führen und kommunizieren Sie offen. Sie sollten die Techniken der Fragestellung, des Zuhörens, des Ebenenwandels (2) und des Schutzes vor Manipulationen kennen.
Bedenken Sie, bei einem Blind Date genau, welches Ziel Sie im Auge haben. Wenn sie wegen Ihres Verhaltens nur „bedingt glaubwürdig“ sind, bekommen Sie keine Basis für eine Beziehung oder eine Ehe.
Trost und Hoffnung, wenn Sie Zweifel an Ihrem Erfolg haben
Am Ende noch ein Rat, der zugleich Trost und Hoffnung beinhaltet.
Sie können zum Erfolg beitragen, indem sie offen und sinnreich über sich selbst reden und sich dem Partner in einer ansprechenden Form präsentieren. Aber Sie sind nicht allein verantwortlich für Ihren Erfolg. Ihr Partner kann Sie ablehnen, obgleich Sie alles taten, um sich ehrlich, offen und zutreffend darzustellen. Sie können nicht mehr geben, als alles zu geben. Wenn Sie dennoch keinen Erfolg haben, dann liegt es jedenfalls nicht an Ihren gegenwärtigen Möglichkeiten.
Falls Sie ihre Möglichkeiten erweitern wollen – nun, das wäre ein neues Thema. Lassen Sie uns ein andermal darüber erden.
(1) Das Ziel ist ein zweites Date, wenn Sie einander gefallen – aber diese Ziel gehört an den Schluss eines Blind Dates – es sollte nicht wie ein Damoklesschwert über dem Date schweben.
(2) Sie können im Gespräch vom „Allgemeinen“ ins „Persönliche“ gehen und umgekehrt und das Gespräch mit weiteren Methoden nach Ihrer Wahl lenken.